Cebit überrascht mit skurrilen Innovationen und Erfindungen. Hamburger Firmen werben in Hannover aktiv um Mitarbeiter

Hannover. „Ach, Sie sind aus Hamburg, wie schön“, sagt der Mann mit dem grauen Blouson am Gemeinschaftsstand der Hamburger Unternehmen. Eine Handvoll Firmen präsentieren sich derzeit auf der Cebit vor einem großen blauen Container, Symbol für die Hafenstadt, und werben um Fachkräfte. Nach einem kurzen Gespräch tauschen Arbeitgeber und der Interessent aus Bielefeld die Visitenkarten aus, dann drängen schon die nächsten Besucher nach vorne, blättern in Broschüren und informieren sich über die Möglichkeiten in Hamburg. „Der Gemeinschaftsstand und unsere Aussteller haben ein gemeinsames Ziel: junge Talente auf Hamburg aufmerksam zu machen und für unseren Standort zu gewinnen. Ich bin zuversichtlich, dass uns dies gelingt. Nach der Cebit werden wir das noch sorgfältig evaluieren“, sagte Senatskanzlei-Staatsrat Christoph Krupp bei einem Besuch des gemeinsamen Standes von Firmen wie InnoGames oder Kühne+Nagel auf der Computermesse. Vor dem Container, der mit einem großen Bild der HafenCity die Zukunft der Hansestadt zeigt, betonte Krupp bei einem Grußwort die Wichtigkeit des Recruitings: „Die Zukunft der digitalen Welt liegt darin, die richtigen Fachkräfte zu gewinnen.“

In einem Fazit zu den ersten Tagen auf der Messe äußern sich die Hamburger Firmen über die Resonanz auf der Cebit positiv, ergab eine Umfrage des Abendblatts. „Wir sind durchaus zufrieden mit dem Interesse der Leute hier, der Auftritt auf der Cebit lohnt sich für uns“, sagte Ivan Yagodin, Geschäftsführer des App-Entwicklers Yoints. „Es ist viel los bei uns am Stand, und manche Besucher bringen sogar ihre Bewerbungsunterlagen gleich mit“, sagt Jan Marquardt, Geschäftsführer der Softwarefirma Mindsmash, die jetzt auch durch eine Kooperation mit der Telekom Schlagzeilen machte. Auf Podiumsdiskussionen während der Cebit betonten Brancheninsider ebenfalls immer wieder die Brisanz des Fachkräftethemas: So kamen im vergangenen Jahr auf einen arbeitslosen Informatiker mit einer Hochschulausbildung rechnerisch 2,5 offene Stellen in der Branche, bei den IT-Sicherheitsexperten waren es sogar 6,5 Angebote. Hauptgründe für die Engpässe seien zu wenige Bewerber sowie unpassende oder schlechte Qualifikationen.

Während die Hamburger Firmen auf dem Gemeinschaftsstand das Hauptaugenmerk auf die Nachwuchssuche legen, präsentieren Tausende andere Unternehmen ihre teilweise überraschenden oder skurrilen Innovationen. Eine Auswahl der Neuerungen, die unser Leben verändern – und die zum Teil ebenfalls aus Hamburg kommen:

Wie ein Flugobjekt von einem anderen Stern

Da staunen die Messebesucher nicht schlecht: Die Drohne Phantom 2 schwirrt auf der Cebit durch die Lüfte. Das Flugobjekt der Firma DJI aus China ist mit einer leistungsfähigen HD-Kamera ausgestattet. Die Flugdauer beträgt 25 Minuten, und während dieser Zeit können auch Livebilder als Fotos und Videos auf dem Smartphone aufgezeichnet werden. Daten über Höhe, Entfernung, Richtung und Akkustand sind ebenfalls auf dem Display sichtbar.

Weltweit kleinster Scanner für Fingerabdrücke kommt aus Hamburg

Von der Firma Dermalog kommt der Scanner, kleiner als eine Streichholzschachtel, für unter 50 Euro. „Jetzt können unsere Scanner auch auf Smartphones und Tablets eingesetzt werden, etwa zur Identifizierung des Nutzers“, sagte Oliver von Treuenfels, Vertriebsleiter des Unternehmens mit Sitz in Hamburg und einem Standort in Malaysia. Selbst Kunstfinger würde das Gerät erkennen, versichert die Firma, die 1995 in der Hansestadt gegründet wurde. Dermalog verspricht sich von der Cebit Beziehungen zu Kunden aus aller Welt und insbesondere Kontakte zu Regierungsstellen. Schließlich engagiert sich die Firma stark im Bereich Personalausweise und Pässe. Ein weiterer Wachstumsmarkt sind Geldautomaten, die ebenfalls einen Fingerabdruck zur Identifizierung verlangen. Sie werden etwa in Asien eingesetzt.

Wenn die Küche zum Gesprächspartner wird

Eine Küche zum Reden präsentiert das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Einfach sagen: „Heute Abend habe ich Lust auf Schweinebraten“, und schon sucht die App Kochbot für Smartphone und Tablet ein entsprechendes Rezept heraus. Das liest sie dann auch Schritt für Schritt vor, sodass der Hobbykoch nicht mit fettigen Fingern auf dem Display herumtippen muss. Je nachdem, wie vernetzt der Haushalt ist, kann Kochbot auch Küchengeräte steuern und Garzeiten überwachen.

Wenn Heizung und Licht im Haus aufs Wort gehorchen

Die Firma Semvox zeigt in Hannover ein System zur Sprachsteuerung im vernetzten Haus. Ist es zu kalt oder zu dunkel, genügt es, einen entsprechenden Wunsch auszusprechen, schon fährt die Heizung hoch oder das Licht wird heller. In der Entwicklung sind auch Systeme, die über den Fernseher gesteuert werden. Das TV-Gerät wird dann zur Schaltstelle für Sicherheit an der Tür, für das Rauf und Runter von Rollläden, Jalousien oder für die Klimaanlage.

Mit Airbus entwickelt: Ein Koffer, der auch alleine verreisen kann

Das Gepäck für Faule ist eine Entwicklung von Airbus, der Deutschen Telekom und Rimowa: Wer schweres Gepäck leid ist, kann es mit dem alleinreisenden Koffer versuchen. Bag2Go ist mit einer SIM-Karte, einem Funkmodul und einem Display ausgestattet und kann damit unabhängig vom Besitzer befördert werden – und zwar von Tür zu Tür. Per App werden Daten, wie etwa Flugnummern, in den Koffer eingegeben. Die Daten werden an die Fluggesellschaft geschickt, die einen Barcode auf das Display des Gerätes sendet, sodass der Koffer immer und überall identifiziert werden kann. So fallen auch unnötige Wartezeiten beim Check-in weg.

Eine Hand, die mit dem Smartphone gesteuert wird

Die robotische Handprothese i-Limb Ultra lässt sich über eine App steuern. Die Handprothesen von Touch Bionics werden normalerweise über Ströme aus den Muskeln gesteuert. Die neue Version, i-Limb Ultra Revolution, kann auch über das Smartphone bedient werden.

Schreiben mit dem Computer, ganz ohne Tastatur

Diese neue Technologie macht das Karlsruher Institut für Technologie möglich. Das Armband Airwriting erkennt, wenn der Nutzer Großbuchstaben in die Luft malt, und setzt diese in Wörter um, die dann drahtlos an einen Computer geschickt werden. Dabei kann das Plastikschmuckstück dauerhaft getragen werden – wenn der Besitzer gerade Geschirr spült oder sich gestenreich streitet, erkennt Airwriting, dass es sich nicht um Schreibbewegungen handelt.