Der neue Präsident der Bundesbank-Hauptverwaltung im Norden, Peter Griep, spricht im Abendblatt-Interview über die Zukunft der Bundesbank und die künftige Rolle des Standorts Hamburg.

Hamburg. Seit Einführung des Euro hat die Deutsche Bundesbank zwar an Bedeutung für die Geldpolitik verloren. Doch wichtige Aufgaben bleiben bestehen, wie die Bargeldversorgung oder die Bonitätsbeurteilung von Unternehmen. Seit Jahresbeginn hat die Hauptverwaltung in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein einen neuen Präsidenten: Peter Griep. Das Abendblatt sprach mit dem 55-jährigen Volkswirt, der zuvor die Abteilung Grundsatzfragen operative Geld- und Währungspolitik in der Frankfurter Zentrale leitete, über die Herausforderungen und Aufgaben des Instituts in Norddeutschland.

Hamburger Abendblatt: Herr Griep, wie fühlen Sie sich als Neuhamburger?

Peter Griep:

Alles ist noch frisch. Mein erster Eindruck ist sehr positiv, lebendig und freundlich. Hamburg zählt für mich unter den deutschen Großstädten zu den attraktivsten.

Werden Sie mit Ihrer Familie an die Elbe ziehen?

Griep:

Ja und nein. Mein Hauptwohnsitz wird familienbedingt im Rhein-Main-Gebiet bleiben. In unserem Haus wohnt die jüngste unserer drei erwachsenen Töchter, und auch meine Eltern sind im hohen Alter zu uns nach Darmstadt gezogen. Da ich aber in dieser spannenden Stadt nicht nur montags bis freitags arbeiten möchte, werde ich mir in Hamburg eine Wohnung suchen – am liebsten fußläufig zur Bundesbank. Meine Frau, die in einer gehobenen Stellung in der evangelischen Kirche arbeitet, hat sich für meinen Karriereschritt sogar für einige Jahre beurlauben lassen, um mich nach Hamburg zu begleiten.

Das ist ja ein großes Zugeständnis Ihrer Frau.

Griep:

Wir haben uns in unserem Berufsleben immer sehr partnerschaftlich verhalten. Während des Studiums habe ich mich um unsere erste Tochter gekümmert und damals die ersten Krabbelstuben gegründet. So haben wir uns immer die Bälle zugespielt.

Seit der Währungsunion hat die Deutsche Bundesbank an Macht eingebüßt und sich ein Sparprogramm verordnet. Werden Sie der letzte Präsident am Standort Hamburg sein?

Griep:

(lacht) Der letzte Präsident werde ich mit Sicherheit nicht sein. Die Aufgaben der Bundesbank bleiben bestehen. Der Hauptgrund für die Reduzierung der Zahl der Filialen war nicht der Einflussverlust durch die Euro-Einführung. Treiber waren vielmehr der technologische Fortschritt bei der Geldbearbeitung im unbaren Zahlungsverkehr und der Rückgang der Anzahl der Banken und ihrer Filialen.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen als Präsident der Hauptverwaltung Hamburg?

Griep:

Die Konsolidierung des Filialnetzes ist bereits beschlossen. Damit bin ich in der komfortablen Lage, diese nicht verkünden zu müssen. Doch mir liegt es sehr am Herzen, dass all dies mitarbeitergerecht umgesetzt wird. Es wird niemand entlassen. Mir kommt es dabei auf jeden Einzelnen an. In der Bundesbank ist der gute, vertrauensvolle Umgang mit Mitarbeitern ein hohes Gut. Wir arbeiten hier mit Bargeld, da brauchen wir verlässliche Mitarbeiter. Wer Verlässlichkeit und Vertrauen fordert, muss dasselbe auch den Mitarbeitern geben. Ganz ohne Härten geht es aber nicht. Es ist ein Unterschied, ob man einen Arbeitsweg von zehn Kilometern oder von 100 Kilometern hat. Wir versuchen, das etwa mit Fahrtkostenzuschüssen und Umzugshilfen abzumildern.

In Norddeutschland werden mehrere Filialen geschlossen. Wie sieht der Fahrplan dafür aus?

Griep:

Die Filiale in Flensburg wurde bereits 2012 geschlossen. Am Standort in Lübeck ist die Schließung für März 2015 vorgesehen, in Kiel für Ende September 2015. Daran wird sich nichts ändern. Darüber hinaus sind keine weiteren Schließungen geplant. Die Filialen in Hamburg, Rostock und Neubrandenburg bleiben bestehen.

Wie viele Mitarbeiter sind betroffen und was geschieht mit ihnen?

Griep:

2015 werden wir noch rund 70 Mitarbeiter in Kiel und Lübeck haben. Dabei wird es, und das ist für mich entscheidend, zu keinen betriebsbedingten Kündigungen kommen. Jedem Betroffenen wird eine Stelle an einem anderen Standort der Bundesbank angeboten. Dies wird überwiegend hier in Hamburg sein, wo derzeit rund 500 Mitarbeiter tätig sind.

Dann wird der Standort Hamburg dadurch eher ausgebaut?

Griep:

Mit der Schließung der Filialen in Kiel und Lübeck 2015 wird der Umfang der Geldbearbeitung in der Filiale Hamburg um voraussichtlich 50 Prozent zunehmen. Damit wäre Hamburg dann bundesweit die zweitgrößte Filiale der Bundesbank, derzeit steht Hamburg auf Platz fünf. Allein rund 700 Millionen Euro-Banknoten durchlaufen hier jährlich die Sortier- und Prüfanlagen. Darüber hinaus nehmen wir in Hamburg aber auch bundesweite Aufgaben wahr. So werden hier die Buchhaltung und die Kostenrechnung für die gesamte Bundesbank gemacht.

Die Deutschen lieben Bargeld, Giro- und Kreditkarten werden oft nur für Großeinkäufe genutzt. Sind wir da im Vergleich zu anderen Staaten altmodisch?

Griep:

Die Deutschen befinden sich in guter Gesellschaft. In der Euro-Zone wächst der Bargeldeinsatz beständig weiter. Den prognostizierten Niedergang des Bargelds sehe ich nicht. Es gibt ja auch gute Gründe, Bargeld zu halten.

Welche? Um zum Beispiel Schwarzarbeit unbemerkt bezahlen zu können?

Griep:

Die Schattenwirtschaft ist sicherlich die negative Seite. Der Verbraucher hat generell bei Barem eine bessere Kontrolle über sein Geld. Dieser Aspekt ist für viele wichtig. Wir in der Bundesbank sehen, dass Bargeld geschätzt wird, und wir sehen auch keine Anzeichen, dass sich dies kurzfristig ändert.

Nutzen Sie lieber Bares oder Plastikgeld?

Griep:

Ich nutze beides. Größere Beträge zahle ich aber schon aus Sicherheitsgründen, um nicht mit zu viel Bargeld in der Tasche unterwegs zu sein, mit der Kreditkarte oder der EC-Karte.

Ist Falschgeld heute ein großes Problem?

Griep:

Es ist ein überschaubares Problem. Der Euro ist jedenfalls fälschungssicherer, als die D-Mark es war.

Welchen Umfang hat der D-Mark-Umtausch in Hamburg? Muss diesen dauerhaft die Bundesbank erledigen?

Griep:

Noch immer kommen täglich ungefähr 60 bis 70 Personen in die Hamburger Filiale, um D-Mark-Beträge einzuwechseln. Im Jahr 2013 wurden hier vier Millionen D-Mark in Euro umgetauscht. Diese Aufgabe werden wir zeitlich unbefristet weiter wahrnehmen.

Wie wird sich die Banken- und Sparkassenlandschaft in Norddeutschland entwickeln?

Griep:

Im Jahr 2000 gab es in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern 181 Banken, Ende 2013 waren es noch 121. Dieser Abbau, der vor allem durch Zusammenschlüsse bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken zusammenkam, hat sich zuletzt verlangsamt, dieser Trend dürfte noch anhalten. Hinzu kommen allerdings rund 150 Finanzdienstleistungsunternehmen, die ebenfalls von Mitarbeitern aus Hamburg beaufsichtigt werden.

Wie viele Beschäftigte sind in Hamburg für die Bankenaufsicht verantwortlich?

Griep:

Es sind 88 Mitarbeiter.

Nimmt der Arbeitsaufwand jetzt zu, weil die HSH Nordbank und die Haspa nun der neuen europäischen Bankenaufsicht unterliegen?

Griep:

Es kommt eindeutig mehr Arbeit auf die Kollegen zu, so werden beispielsweise die dafür erforderlichen Berichte und Dokumente künftig in englischer Sprache abgefasst werden müssen. Auch für die betroffenen Banken nimmt der Aufwand für die Datenerhebung zu. Aber das ist der Preis für die begrüßenswerte Idee einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht.

Die Banken sind mit der Kreditvergabe an Unternehmen europaweit offenbar eher zurückhaltend. Wie sieht die Situation in Norddeutschland aus?

Griep:

Die Hauptverwaltungen der Bundesbank starten im Rahmen einer Befragung im Euro-Raum alle drei Monate eine Umfrage unter Banken. Das Ergebnis ist eindeutig: In Deutschland haben wir keine Kreditklemme, die Finanzierungsbedingungen sind ausgezeichnet. Auf der anderen Seite steht, dass wir eine gewisse Investitionszurückhaltung bei Unternehmen sehen. Zudem stehen viele Firmen so gut da, dass sie einen erheblichen Teil der Investitionen mit Eigenmitteln finanzieren können.

Die Sparer zeigen sich angesichts niedriger Zinsen besorgt um ihre Privatvermögen. Ist eine Änderung der Niedrigzinspolitik in Sicht?

Griep:

Man darf nicht übersehen, dass wir die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Die Europäische Zentralbank hat auf diese außergewöhnliche Situation mit außergewöhnlichen Maßnahmen reagiert. Wir hatten zunächst eine Finanz- und Bankenkrise, dann eine Staatsschuldenkrise, die aber in Zusammenhang stand mit einer Strukturkrise: Manche europäischen Staaten sind international gesehen nicht wettbewerbsfähig genug. Bei der Bereinigung dieser Strukturkrise bleibt noch sehr viel zu tun. Für die Sparer ist die Niedrigzinspolitik zweifellos unangenehm. Gleichwohl ist sie derzeit allerdings aufgrund der wirtschaftlichen Schwäche im Euro-Raum und der damit verbundenen niedrigen Preisrisiken gerechtfertigt. Fest steht allerdings auch, dass die Niedrigzinspolitik Risiken und Nebenwirkungen hat. Dazu gehört die Gefahr von Preisblasen an Vermögensmärkten.

Zum Beispiel auf dem deutschen Immobilienmarkt?

Griep:

Es gibt in bestimmten Ballungsräumen stark steigende Immobilienpreise. Aber dank der soliden Bonität der privaten Haushalte und moderat wachsender Immobilienkredite sehe ich keinen Anlass zur Sorge. Zudem sind die Anforderungen an die Kreditnehmer hoch.

Was können Sie „braven Sparern“ derzeit empfehlen?

Griep:

Ich würde ihnen raten, auf niemanden zu hören, der ihnen sagt, dieses oder jenes sei die beste Geldanlage. Wichtig ist, sich selbst ein Urteil zu bilden und nur Finanzprodukte auszuwählen, die man versteht. Ich wundere mich manchmal, wie viel Zeit und Mühe die Menschen darauf verwenden, sich etwa über Elektronikgeräte zu informieren und das günstigste Angebot zu finden. Für Finanzprodukte nimmt man sich viel weniger Zeit.

Ihre Vorgängerin, Frau Adelheid Sailer-Schuster, hatte diverse Veranstaltungsreihen und auch ein Frauenfinanzforum ins Leben gerufen. Werden Sie diese Angebote fortsetzen?

Griep:

Ich kann da tatsächlich an die hervorragende Arbeit meiner Vorgängerin anknüpfen. Unsere Informationsangebote werden gut angenommen. So kommen zu den Vortragsveranstaltungen der Reihe Forum Bundesbank regelmäßig rund 200 Bürger. Wichtig ist mir aber auch, die Positionen der Bundesbank der Politik in Hamburg, Schwerin und Kiel verständlich zu machen.

Welches Image sollte die Bundesbank in der Öffentlichkeit genießen, wenn es nach Ihnen ginge?

Griep:

Es wäre schön, wenn wir bei der Bevölkerung als eine vertrauenswürdige Institution angesehen werden, die über die Sicherung der Preisstabilität zum Wohlstand aller beiträgt.