Bund haftet mit 700 Millionen Euro für Ausfall des Geschäfts. Opposition kritisiert Waffenexport in Krisenregion. Die Boote sollen demnach bis 2016 geliefert werden.

Hamburg. Die Kieler HDW-Werft baut derzeit zwei U-Boote des Typs 209 für Ägypten. Das Geschäft war nach Abendblatt-Informationen bereits 2012 abgeschlossen worden. Die Boote sollen demnach bis 2016 geliefert werden. Der ThyssenKrupp-Konzern in Essen, zu dessen Marinesparte TKMS die Kieler Werft gehört, bestätigte das nicht, wie bei Exportgeschäften zumeist üblich.

Aus einer Anfrage der Fraktion Die Linke im Bundestag geht hervor, dass der Bund den Verkauf der Boote mit Exportbürgschaften von 700 Millionen Euro deckt. Die Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Anne Ruth Herkes, schrieb der Fraktion: „Die Lieferantenkreditdeckung deckt … auch kriegerische Ereignisse sowie Aufruhr und Revolution, soweit diese ursächlich für den Zahlungsausfall sind.“ Bei der „Fabrikationsrisikodeckung“ des Bundes seien Gegenstand „die Selbstkosten für die im Ausfuhrvertrag mit dem ausländischen Schuldner vereinbarten Lieferungen und Leistungen“.

Seit dem Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Mohammed Mursi im Juli bewegt sich das bevölkerungsreichste arabische Land am Rande eines Bürgerkriegs. „Es ist schon verantwortungslos, mitten in einen politischen Umbruch hinein U-Boote an Ägypten zu verkaufen“, sagte der Hamburger Abgeordnete Jan van Aken dem Abendblatt, Rüstungsexperte der Partei Die Linke im Bundestag und stellvertretender Parteivorsitzender. „Aber den Deal auch noch mit 700 Millionen Euro gegen politischen Umbruch abzusichern, ist der Gipfel der Dreistigkeit.“

Jürgen Koppelin, Bundestagsabgeordneter der FDP aus Schleswig-Holstein, sagte dem Abendblatt: „Natürlich muss es in Ägypten darum gehen, politische Stabilität wiederherzustellen. Genauso wissen wir aber nicht, wie die politische Lage in dem Land aussehen wird, wenn wir die U-Boote liefern. Zum anderen kann man mit U-Booten nicht auf Demonstranten schießen.“ Bürgschaften seien bei großen, internationalen Wirtschaftsaufträgen üblich.

ThyssenKrupp verkaufte zuletzt mehrere Werften, auch Blohm+Voss in Hamburg. Die Schiffbausparte TKMS konzentriert sich nun ganz auf den Bau von Überwasser-Marineschiffen und von U-Booten. Der Auftragsbestand von TKMS beträgt nach Abendblatt-Informationen rund acht Milliarden Euro, das entspricht dem aktuellen Gesamtvolumen aller deutschen Werften beim Bau von Zivilschiffen und Offshore-Strukturen. Bestätigt hat TKMS dem Abendblatt zuletzt einen Auftragsbestand von insgesamt 17 U-Booten für den Export: drei Boote der „Dolphin“-Klasse für Israel, je sechs Bausätze („Materialpakete“) des Typs 214 für die Marinen in Südkorea und in der Türkei sowie zwei Bausätze des Typs 212A für Italien. Auch die Deutsche Marine stellt nach den laufenden Erprobungen noch zwei weitere Boote des Typs 212A mit Brennstoffzellenantrieb in Dienst. Neben den U-Booten baut HDW derzeit zwei Fregatten für Algeriens Marine.

ThyssenKrupp und Lürssen setzen verstärkt auf den Marineschiffbau

TKMS hat seinen Sitz in Essen und in Hamburg. Neben der Arbeit auf seiner wichtigsten Werft HDW betreibt das Unternehmen auch Marineschiffbau bei Kockums in Schweden. Blohm + Voss, das seit 2012 dem britischen Finanzinvestor Star Capital Partners gehört, verrichtet zurzeit im Auftrag von TKMS in Hamburg auf den Stahlbau für die neuen Fregatten F125. Vier dieser Schiffe will die Deutsche Marine von 2016 an in Dienst stellen. Für die Konstruktion ist Blohm+Voss Naval in Hamburg zuständig, das nach dem Verkauf der Werft als eigenständiger Unternehmensteil bei TKMS blieb.

Der Bau von Marineschiffen an den deutschen Küsten hat in jüngerer Zeit an Bedeutung gewonnen. Grund dafür ist vor allem der Niedergang beim Bau von Handelsschiffen. Die Bremer Lürssen-Gruppe, die Megayachten und Marineschiffe baut, übernahm jüngst die Peene-Werft in Wolgast und den Reparaturbetrieb Norderwerft in Hamburg.