Auf den ersten Blick ist die Nachricht eine Überraschung. Die Otto Gruppe zeigt Interesse am Schuh-handelshaus Görtz. Sogar eine mehrheitliche Übernahme ist nicht ausgeschlossen. Auf den zweiten Blick ergibt die mögliche Ehe zweier Traditionsunternehmen durchaus Sinn. Görtz sucht nach einem Investor. Seit Jahren leidet das 1875 gegründete Handelshaus unter der Internetkonkurrenz, musste zuletzt sogar Filialen schließen und Mitarbeiter entlassen. Hilfe tut Not.

Stellt sich die Frage, wer als Retter infrage kommt? Am schnellsten dürften Finanzinvestoren für ein Engagement bei Görtz zu gewinnen sein. Sie würden vermutlich in der täglichen Führung des Schuhhändlers keine entscheidende Rolle spielen, dafür sind sie aber auf eine kurzfristige und hohe Rendite aus. Zeit für die Arbeit an einer langfristigen Strategie bliebe kaum. Denn nach spätestens fünf Jahren wollen Finanzinvestoren ihren Anteil in der Regel wieder veräußern. Wenig realistisch, aber durchaus denkbar wäre zudem der Einstieg eines anderen Schuhfilialisten. Eine solche Fusion unter Gleichen würde zwangsläufig zu Filialschließungen und einem Arbeitsplatzabbau im größeren Stil führen.

Die Otto Gruppe ist weder Finanzinvestor noch Schuhfilialist. Dafür besitzt sie eine exzellente Expertise im Onlinehandel, der für Görtz immer wichtiger wird. Zudem hat Otto Erfahrungen im Einzelhandel unter anderem mit seiner Kette SportScheck gesammelt. Zwei Unternehmen aus der Hansestadt tun sich in der globalen Wirtschaft zusammen. Es wäre eine gute Nachricht für den Standort Hamburg.