120 Beschäftigte betroffen. Hamburger Biotechunternehmen will Forschung nach Großbritannien verlagern

Hamburg. Wegen gestiegener Lohnkosten und einem auslaufenden Mietvertrag schließt das Hamburger Biotechunternehmen Evotec seine indische Tochterfirma. Alle noch laufenden Projekte sollen bis Ende September beendet sein. Evotec hatte das Unternehmen, das auf Chemiedienstleistungen spezialisiert ist und 120 Mitarbeiter hat, erst im Jahr 2009 übernommen. „Wir mussten uns entscheiden, ob wir ein neues Gebäude bauen oder uns aus dem Land zurückziehen“, sagte Evotec-Chef Werner Lanthaler, der am Montag in Indien war. Die Schließung führt nach seinen Angaben im dritten Quartal zu Abschreibungen in Höhe von bis zu vier Millionen Euro.

Ein Grund für das Aus lag in der Inflationsrate, die in Indien derzeit zehn bis elf Prozent beträgt. „Wir rechnen damit, dass sie weiter steigen wird und wir in Zukunft mit Gehaltserhöhungen von zwölf bis 14 Prozent konfrontiert werden. Damit fiele der Kostenvorteil durch eine Produktion in dem Land weg.“ Die Chemieaktivitäten sollen künftig vom Evotec-Standort im britischen Abdingdon ausgeführt werden. „Inzwischen gibt es in Großbritannien genügend Chemiker auf dem Arbeitsmarkt. Wir bauen Abdingdon aus, genauso wie unsere Standorte in Hamburg und Göttingen“, sagte Lanthaler ohne Einzelheiten zu nennen.

Evotec ist ein Forschungsunternehmen, das gemeinsam mit Pharmakonzernen oder in deren Auftrag nach neuen Wirkstoffen gegen Krankheiten forscht. Das Unternehmen ist weltweit aktiv. Gerade haben die Hamburger Forscher eine Niederlassung an der Ostküste in den USA eröffnet. „Unsere Kunden tendieren eher in diese Region als nach Indien“, sagt Lanthaler.

Während der asiatische Standort aufgegeben wird, hat sich die Zusammenarbeit mit Deutschlands zweitgrößtem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim für Evotec ausgezahlt, wie am Montag bekannt wurde. Das Hamburger Biotechunternehmen erhält 1,5 Millionen Euro von dem Familienunternehmen, da in der Forschungskooperation ein Wirkstoff zur Schmerzbehandlung inzwischen das vorklinische Entwicklungsstadium erreicht wurde. An der Börse konnte Evotec mit der guten Nachricht punkten: Die Aktie gewann am Nachmittag knapp ein Prozent auf 2,51 Euro.

Evotec arbeitet bereits seit 2004 mit dem Pharmakonzern aus Ingelheim in der Wirkstoffforschung zusammen. Im Jahr 2009 wurde die Kooperation um vier Jahre verlängert. Die nun gemeldete Zahlung ist für Evotec bereits der 18. Meilenstein in der jahrelangen Zusammenarbeit. Biotechfirmen winken bei Erfolg immer sogenannte Meilensteinzahlungen von ihren Partnern, wenn bestimmte Forschungserfolge erzielt wurden. Die Hamburger erwirtschaften einen großen Teil ihrer Einnahmen mit solchen erfolgsabhängigen Zahlungen.

Allianzen mit großen Pharmakonzernen in der Medikamentenforschung sind das Kerngeschäft von Evotec. Neben Boehringer Ingelheim arbeitet das 1993 in der Hansestadt gründete Unternehmen unter anderem mit dem US-Konzern Johnson & Johnson, mit der Roche-Tochter Genentech, mit Bayer und mit dem japanischen Pharmakonzern Ono Pharmaceutical bei der Suche nach neuen Wirkstoffen zusammen.