100 Servicemitarbeiter fordern einen einheitlichen Haustarifvertrag. Doch die Unternehmensleitung lehnt weitere Verhandlungen ab

Hamburg. Sie haben Trillerpfeifen mitgebracht, Fahnen und ein großes Transparent. "Keine 2-Klassenbelegschaft bei Asklepios" steht darauf. "Wir kämpfen für faire Löhne auch im Servicebereich", sagt Holger Schoop und lässt einen ohrenbetäubenden Pfiff erklingen. Wenn sich Wut in Dezibel messen lassen würde, wäre die Obergrenze fast erreicht: Riesenwut. Gemeinsam mit etwa 100 anderen Servicemitarbeitern der Asklepios Kliniken steht Schoop vor dem Eingang des AK St. Georg an der Langen Reihe. Es sind Reinigungskräfte, Wachleute, Küchenhilfen, Lagerarbeiter aus allen Häusern. Schoop ist im Bereich Hol- und Bringservice in Rissen tätig. "Ich bekomme 9,01 Euro pro Stunde", sagt der 48-jährige Familienvater, "nach allen Abzügen habe ich 1170 Euro am Monatsende, für einen Vollzeitjob. Das ist zu wenig."

Bereits zum dritten Mal seit Mitte Mai hat Ver.di zu einem Warnstreik aufgerufen. Die Gewerkschaft fordert einen Haustarifvertrag für die Tochterfirma Asklepios Services Hamburg (ASH). Der Klinikkonzern, an dem die Stadt Hamburg mit 25,1 Prozent beteiligt ist, lehnt das ab. "Nach wie vor gibt es keine Bereitschaft, die 900 Beschäftigten angemessen zu entlohnen", kritisiert Björn Krings von Ver.di. Die Gewerkschaft will unter anderem Einstiegslöhne zwischen 9,50 Euro und 10,60 sowie eine Jahressonderzahlung von 900 Euro durchsetzen. In den bisherigen Verhandlungsrunden hätte die Unternehmensleitung einzig Lohnsteigerungen von 13 bis 14 Cent pro Stunde angeboten. Laut Krings herrscht in den einzelnen Kliniken inzwischen enorme Unruhe. "Es wären noch mehr ASH-Mitarbeiter auf der Straße, wenn nicht die Hälfte befristete Verträge hätte."

Nach der Privatisierung des Hamburger Landesbetriebes Krankenhäuser 2007 waren die Servicebereiche in Tochterfirmen des Asklepios-Konzerns ausgelagert worden. Die Folge: Der Tarifvertrag der Hamburger Krankenhäuser muss nicht angewendet werden. Im Reinigungsbereich etwa wird der hier gültige Mindeststundenlohn von neun Euro gezahlt, in der Logistik gibt es Pauschalentgelte von 1400 bis 1600 Euro im Monat. Leistungen wie Zuschläge oder Urlaubsgeld fehlen meist. "Löhne, die bis zu 50 Prozent niedriger sind als der Krankenhaustarif, bleiben für uns inakzeptabel", sagt Gewerkschaftler Krings und verweist auf einen Konzerngewinn von 60 Millionen Euro für 2012.

Margerit Amori verdient 1100 Euro im Monat. Seit zwei Jahren arbeitet sie als Servicekraft im Klinikum Nord, ist etwa für Essenverteilung zuständig. Die Schichten gehen von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends - mit zwei Stunden Pause. "Harte Arbeit, wenig Geld", sagt die 48-Jährige, während sie mit den anderen Demonstranten über den Steindamm zieht. Viele Kollegen hätten Zweitjobs oder seien auf Hartz IV angewiesen. Auch Amori denkt darüber nach.

So geht es vielen. Küchenhelfer Harald Lünstedts Bruttostundenlohn liegt bei 8,38 Euro. Das geht aus Gehaltsabrechnungen hervor, die dem Abendblatt vorliegen. Das ist unterhalb des Landesmindestlohns, der nach Beschluss der Bürgerschaft ab 10. Juni in Kraft tritt. Pikant: Die Unternehmensleitung hatte weitere tarifliche Reglungen immer mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass Asklepios bereits 2012 den Mindestlohn von 8,50 Euro auch in Bereichen mit geringeren Abschlüssen eingeführt habe. Im konkreten Fall sagte der Konzern eine Prüfung zu. Es gelte die Vorgabe, dass alle Verträge auf 8,50 Euro aufgestockt sein sollten, so ein Sprecher.

"Mein Eindruck ist, dass in der ASH eine Hand nicht weiß, was die andere tut", sagt Krings. Gerade deshalb sei ein einheitlicher Tarifvertrag erforderlich. Für weitere Unruhe sorgen derzeit Pläne für eine Strukturveränderung im Servicebereich. Danach soll die ASH aufgelöst und stattdessen sollen vier neue Gesellschaften für die Gewerke Reinigung, Logistik, Küche und Wachdienst/Empfang gebildet werden. Folgen für die Beschäftigen ungewiss.

Vor diesem Hintergrund forderten Betriebsrat und Gewerkschaft die Politik erneut auf, sich für faire Löhne im Klinikkonzerns einzusetzen. Vor zwei Wochen hatten die Beschäftigten eine entsprechende Resolution an den Senat übergeben. "Wir nehmen das zur Kenntnis, werden es aber nicht kommentieren", hieß es jetzt in der Gesundheitsbehörde. Ver.di kündigte unterdessen eine Ausweitung des Streiks an, sollte die Unternehmensleitung sich nicht bewegen. Krings: "Zum ersten Mal wird ein Solidaritätsstreik aus dem Bereich der Pflege vorbereitet."