500.000 Kunden müssen um ihre Vorauszahlungen bangen. Als Gründe für die Insolvenz nannte die Gesellschaft eine schlechte Zahlungsmoral von Kunden sowie “Oligopolstrukturen“ bei den Stromlieferanten.

Berlin. Der bundesweite Stromanbieter Flexstrom ist zahlungsunfähig. Das Unternehmen mit mehr als 500.000 Kunden, davon bis zu 15.000 in Hamburg, hat am Freitag Insolvenz angemeldet. Wer eine Vorauszahlung geleistet hat, muss damit rechnen, sein Geld nicht zurückzubekommen. Es fließt aber weiter Strom, weil in solchen Fällen der Grundversorger liefert. Als Gründe für die Insolvenz nannte die Gesellschaft eine schlechte Zahlungsmoral von Kunden sowie "Oligopolstrukturen" bei den Stromlieferanten.

Kunden seien mit rund 100 Millionen Euro bei Flexstrom und den Tochtergesellschaften Optimalgrün und Löwenzahn Energie im Rückstand, teilte das Unternehmen mit. Auch diese beiden Töchter stellten Insolvenzantrag. Hingegen werde das Geschäft der Gastochter Flexgas von einem Investor weitergeführt. Hier ändere sich für die Kunden nichts.

Man sei "profitabel, aber nicht mehr liquide", teilte die Geschäftsführung weiter mit. Noch 2012 seien gut 20 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet worden. Während die Einnahmen von verunsicherten Kunden ausgeblieben seien, hätten Stromeinkauf und Netzentgelte weiter beglichen werden müssen, teilweise versehen mit erheblichen weiteren Sicherheitsleistungen.

In einem Insolvenzfall übernehme der örtliche Grundversorger die Kundenbelieferung mit Strom, erläuterte Rainer Wiek vom Energie-Informationsdienst (EID). Dieser müsse aber auch bezahlt werden. Abschlags- und Vorauszahlungen an das Unternehmen gehen in die Insolvenzmasse. Die Kunden müssen dann ihre Forderungen im Insolvenzverfahren geltend machen.

Der Stromanbieter Teldafax aus Troisdorf bei Bonn hatte im Sommer 2011 Zahlungsunfähigkeit angemeldet. Gegen drei frühere Topmanager erhob die Staatsanwaltschaft Bonn Mitte Februar Anklage wegen Insolvenzverschleppung und gewerbsmäßigen Betruges. Mit rund 700.000 Gläubigern ist die Pleite des Stromanbieters der Firmenzusammenbruch in Deutschland mit den bisher meisten Betroffenen.

Die Beispiele Teldafax und Flexstrom zeigten, dass "diese Geschäftsmodelle eng gestrickt" seien, sagte Wiek. Mit niedrigen Stromtarifen, oft verbunden mit einer Vorauszahlung für ein Jahr, würden Kunden gelockt. Diese Einnahmen dienten wiederum dazu, größere Strommengen günstig einzukaufen. Wenn die neuen Anbieter ihren Kundenstamm aber nicht schnell genug erhöhen könnten oder sogar Kunden verlören, könnten sie rasch in Schwierigkeiten geraten, so Wiek.