Zweistellige Renditeversprechen lockten 40.000 Sparer offenbar in ein Schneeballsystem. Geschäftsführer des Hamburger Fondshauses United Investors wurden verhaftet.

Hamburg. Als er die Bilder mit Polizeiwagen und Dutzenden von Durchsuchungsbeamten im Fernsehen sah, konnte er es nicht glauben. Eine Razzia bei der Hamburger Firma, der er noch vor wenigen Monaten sein Geld anvertraut hatte. "Ich war entsetzt", sagt Sebastian G. Gleich am nächsten Tag machte er sich zu der Firma United Investors am Rathausmarkt auf, die die Beteiligung der Frankfurter Firmengruppe S&K vermittelt hatte. Doch statt Aufklärung erlebte er einen Rausschmiss. Jetzt bangt er, wie rund 40.000 andere Anleger auch, um sein Geld.

Die Geschäftsführer des Hamburger Fondshauses United Investors wurden ebenso verhaftet wie die Chefs der Frankfurter Immobilienfirma S&K. Die Staatsanwaltschaft wirft insgesamt rund 50 Beschuldigten vor, über Jahre ein groß angelegtes Betrugssystem installiert zu haben. Der Schaden für die Anleger wird auf einen dreistelligen Millionenbetrag geschätzt. Die Sozietät GPR Rainer Rechtsanwälte Steuerberater listet knapp 20 geschlossene Fonds auf, die von dem Anlegerskandal betroffen sein könnten.

Denn S&K erwarb im großen Stil sogar andere Emissionshäuser mit ihren Fonds. Gefragt waren vor allem Gesellschaften mit einem hohen Bargeldbestand, der für den Immobilienerwerb vorgesehen war. "Wir gehen von mindestens 3000 geschädigten Anlegern allein in Norddeutschland aus", sagt der Hamburger Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Peter Hahn. "Meist wurden zwischen 5000 und 20.000 Euro investiert." Auch bei der Verbraucherzentrale Hamburg meldeten sich viele Betroffene. "Eine Frau investierte 55.000 Euro in Beteiligungen von S&K", sagt Verbraucherschützerin Gabriele Schmitz. "Der Vermittler der Anlage ist bereits abgetaucht."

Eine "Pflichtinvestition für sicherheitsorientierte Anleger" nannte das Hamburger Fondshaus United Investors die Anlage in den Fonds Deutsche S&K Sachwerte Nr. 2 mit einer Rendite von zwölf Prozent im Jahr. Mit Immobilien kann nichts schiefgehen, dachte G. und steckte 25.000 Euro in den Fonds. Empfohlen wurde ihm die Anlage von einem freien Vermittler. "Das Konzept, Immobilien günstig einzukaufen und teuer wieder zu veräußern, erschien mir realistisch", sagt der 36 Jahre alte Diplomingenieur dem Abendblatt.

Der Hamburger Rentner Rudolf P. wurde vom Westdeutschen Verbraucherkontor angerufen. Über einen freien Finanzvermittler investierte er 5000 Euro in eine Anlage von S&K. Auch ihn überzeugten Immobilienanlage und die hohe Rendite. Offenbar sind auch solche hohen Renditen für viele kein Warnsignal. Doch solche Gewinne sind unrealistisch, wenn der Anlageberater im gleichen Atemzug die Anlage als "abgesichert" bezeichnet. Denn sichere Bundesanleihen bringen gerade einmal 1,5 Prozent jährlich - bei einer Laufzeit von zehn Jahren.

Das Fondskonzept von S&K war dagegen nur auf vier Jahre ausgelegt. Das ist sehr ungewöhnlich für eine Immobilienbeteiligung, die meist zehn Jahre oder länger läuft. Doch das Unternehmen behauptete auch, Immobiliengewinne von 40 Prozent realisiert zu haben und dabei die Objekte nicht länger als sechs Monate gehalten zu haben. In Prospekten wurden zahlreiche Beispiele dafür aufgeführt. Doch die Staatsanwaltschaft wirft der Unternehmensgruppe vor, den Wert des eigenen Immobilienbestandes mit zweifelhaften Gutachten geschönt und so die Fondsanleger geschädigt zu haben.

Von all dem ahnte G. nichts. Nach eigenen Angaben hat er auch nie einen vollständigen Verkaufsprospekt des Fonds erhalten. Doch schon die wenigen Seiten, die er als Kurzprospekt ausgehändigt bekam, können Zweifel an der Seriosität der Anlage wecken. Da ist die wundersame Geldvermehrung durch den An- und Verkauf von Mehrfamilienhäusern, bei der S&K einen doppelt so hohen Rohgewinn erzielt wie am Markt üblich. Für eine schnelle Beteiligung an der Anlage soll ein "Bonus für Frühzahler" sorgen. Die zusätzliche Rendite fällt umso höher aus, je früher man sein Geld in den Fonds einzahlt. "Das Erzeugen von Zeitdruck ist meist ein Indiz für eine unseriöse Kapitalanlage", sagt Schmitz. Selbst der Branchenverband für geschlossene Fonds rät zwischen der Erstberatung und der Zeichnung einer geschlossenen Beteiligung mindestens eine Woche vergehen zu lassen, damit sich der Anleger genauer über das Produkt informieren kann.

Denn obwohl der Fonds eine Beteiligung an Sachwerten suggerierte, wurden die Fondszeichner nur als Geldgeber benutzt. Die Fondsgesellschaft fungiert lediglich als Darlehensgeber und erhält dafür Zinsen, wie es im Kurzprospekt heißt. Damit sind die Anleger nicht direkt an Immobilien beteiligt und haben keine direkte Sicherheit.

Die Staatsanwaltschaft vermutet ein Schneeballsystem. Das ist ein Standardinstrument der Finanzbetrüger. Wer zu den Anlegern der ersten Stunde gehört, kann durchaus zunächst Gewinne erzielen, die von den weiteren Einzahlungen nachkommender Anleger finanziert werden. "Drei Monate hat das auch geklappt", sagt G. "Jeden Monat bekam ich ein Prozent der Anlagesumme." Doch wenn keine neuen Anleger mehr gewonnen werden können, bricht das System in sich zusammen.

P. hat noch nie einen Cent an Ausschüttung bekommen. Er beteiligte sich erst im November an dem S&K-Fonds. "Zu diesem Zeitpunkt hätte der Vermittler bereits auf negative Presseberichte über die S&K-Gruppe hinweisen müssen", sagt Anwalt Hahn. Ein Blick ins Internet hätte zudem offenbart, dass es über das Westdeutsche Verbraucherkontor, das P. angerufen hatte, fast nur negative Einträge gibt. Danach ist es darauf spezialisiert, den Angerufenen zu raten, bestehende Anlagen in Lebensversicherungen und Bausparverträgen zu kündigen, um das Geld in andere Anlagen zu investieren.

So ist es auch P. ergangen, der jetzt um seine 5000 Euro bangt. Große Teile der Anlegergelder sollen in die Taschen der vermeintlichen Betrüger geflossen sein, die einen ausschweifenden Lebensstil pflegten. "Bewahrheitet sich, dass Ausschüttungen und Zinszahlungen an Anleger durch die Gelder neu gewonnener Investoren beglichen wurden, drohen den Anlegern erhebliche Verluste", sagt Anwalt Andreas Tilp.

Für die geschlossenen Fonds soll es ab dem Sommer neue gesetzliche Regeln geben, die den Anlegerschutz verbessern. Ob damit aber wirklich Anlegerskandale wie bei S&K verhindert werden, ist völlig offen. Denn gerade im Bereich der Immobilienbewertung wird es keine strengeren Richtlinien geben. Die Objekte können weiterhin von Leuten aus den eigenen Reihen der Emissionshäuser bewertet werden. "Dieser Markt für Beteiligungen wird auch künftig nicht vollständig reguliert sein", sagt Hahn. "Die Anleger verlassen sich bei Geldanlagen zu stark auf die sie beratenden Personen", sagt der Hamburger Fachanwalt. "Eine Mischung aus Gier und Unachtsamkeit ist in manchen Fällen sicher auch dabei."