Nach Jobabbau sucht Hamburger Spielefirma erneut insgesamt 50 Fachkräfte. Das neueste Spiel “Rising Cities“ hat das Unternehmen auf Erfolgskurs gebracht.

Hamburg. Mit breitem Grinsen posiert Khaled Helioui neben dem Zylonen aus dem Onlineabenteuer "Battlestar Galactica". Man sieht dem Manager an, dass er den finsteren Gesellen nicht nur aus dem Büro der Hamburger Firma kennt, sondern auch aus dem Spiel. "Ich spiele schon, seit ich vier Jahre alt bin", erzählt er von seiner Kindheit, die er in Tunesien und Paris verbracht hat, womit die Internationalität seines Lebenslaufes allerdings noch lange nicht zu Ende ist: Helioui arbeitete zuletzt in London, bei der Investmentgesellschaft TA Associates. Von hier aus führte sein Weg zu Bigpoint, zu dem bekannten Hamburger Spieleentwickler, dem nach eigenen Angaben in Europa führenden Anbieter von Onlinegames. Anfang 2011 war TA Associates als Investor bei Bigpoint eingestiegen, Gründer Heiko Hubertz verkaufte für 350 Millionen US-Dollar seine Anteile, und Helioui wechselte im vergangenen Juli von London in die Hamburger Firma, um hier die Spieleabteilung zu lenken. Er verantwortete die Herausgabe neuer Spiele und die Weiterentwicklung bestehender virtueller Welten wie "Farmerama" oder "Drakensang Online".

Nun hat der im Büro Englisch sprechende Manager auch die Führung der gesamten Firma mit weltweit 700 Mitarbeitern übernommen, wie das Abendblatt bereits berichtete. Bigpoints Interimsmanager Christian Unger, ehemals Chef der Schweizer Ringier-Gruppe, kehrt zurück in die Schweiz und leitet zukünftig die Investmentgesellschaft Partners Group AG in Zug.

"Ich bin stolz und fühle mich geehrt, dass mir Firmengründer Heiko Hubertz und unser Aufsichtsrat ihr Vertrauen ausgesprochen haben", sagt Helioui bescheiden. Der nun auf der Uhlenhorst lebende 29-Jährige strahlt Optimismus aus, auch wenn er ein schweres Erbe übernimmt: Vor einigen Monaten hatte Bigpoint 120 Mitarbeiter entlassen. Ein Schritt, der in der Branche für Unruhe sorgte, denn bisher war das Unternehmen seit der Gründung 2002 vom Erfolg verwöhnt und mit dem Verkauf von virtuellen Gütern im Internet profitabel gewachsen. Zugleich mit der Ankündigung zum Stellenabbau hatte sich Gründer Heiko Hubertz dann aus seinem Unternehmen verabschiedet und reist nun um die Welt.

Vor dem Hintergrund der Veränderungen formiert sich derzeit auch ein Betriebsrat in der Firma, nächste Woche sind Wahlen für das Gremium. Bigpoint wird damit der erste Spieleentwickler mit einer solchen Mitarbeitervertretung sein. Helioui steht dem Novum offenbar positiv gegenüber: "Es ist gut, dass die Beschäftigten dann mit einer Stimme sprechen", sagt der Chef. Die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite könne die Zufriedenheit im Unternehmen erhöhen. Helioui sieht sich selber als Manager, der den Mitarbeitern viel Freiraum gibt. Er müsse nicht alles selber entscheiden und wolle Talente fördern. Er sei überrascht gewesen, mit welch hoher Motivation und großem Fachwissen die Entwickler, Designer und Programmierer bei Bigpoint arbeiten.

Allerdings hat sich das Umfeld für die Spieleerfinder zuletzt stark verändert. Die Branche steht vor neuen Herausforderungen, denn die Zeiten, in denen leicht neue Spieler gewonnen werden konnten, sind vorbei. Die Wachstumsraten flachen sich ab. Zugleich müssen sich heute immer mehr Firmen den Markt teilen, und die Entwicklungskosten für die Spiele steigen, weil die Kunden anspruchsvoller werden.

Während 2012 ein Jahr der Veränderungen gewesen sei, sich Bigpoint auf eine schlankere Struktur konzentriert habe, schaut Helioui nun wieder auf die Kunden. Das neueste Spiel "Rising Cities", bei dem Nutzer eine eigene Stadt bauen können, habe Bigpoint zurück auf den Erfolgskurs gebracht. "Es ist vor einem Monat herausgekommen, und wir haben schon zwei Millionen Spieler gewonnen", sagt Helioui, der sich neben virtuellen Abenteuern für deutsche Literatur interessiert und gerade Hermann Hesse liest. "Rising Cities" habe sogar den Einführungserfolg des früheren Spielehits von Bigpoint, des Bauernhofspiels "Farmerama", übertroffen.

Helioui setzt nun auf organisches Wachstum. Weltweit könnte Bigpoint die Zahl der Mitarbeiter bis Ende des Jahres von 700 auf 750 erhöhen, für Hamburg hält der neue Chef einen Aufbau von 30 Stellen auf dann 630 Beschäftigte für realistisch. Den Gründer Heiko Hubertz, der wegen seines Weggangs nicht nur positive Resonanz bekommen hatte, wird die Entwicklung daheim freuen. Er posiert übrigens derzeit nicht mit Zylonen, sondern vermutlich mit Leguanen und Seelöwen: Während seiner Weltreise verbringt er gerade ein paar Tage auf den Galapagos-Inseln.