Döllinghareico setzt auf Expansion in Europa, Japan und China. Verarbeitet wird vor allem Fleisch aus der norddeutschen Region.

Hamburg. Fleischer Manfred Pistone steht an einem großen Kutter. Zur Fleischmasse gibt er die Gewürzmischung. Zubereitet nach alten Überlieferungen und einem Firmengeheimnis. Dann noch ein paar Umdrehungen des Mischers und nach drei bis vier Minuten ist das Brät für die Wiener Würstchen fertig. Er füllt die Masse in Bottiche, die knapp 200 Kilogramm fassen. In der nächsten Station, der Füllerei, werden Natursaitlinge mit der passenden Menge Brät befüllt und die Enden verschweißt. "Trotz moderner Maschinen ist das noch mit viel Handarbeit verbunden", sagt Ole Dölling, Geschäftsführender Gesellschafter des über 100 Jahre alten Familienunternehmens Döllinghareico in Elmshorn.

Mitarbeiter hängen die befüllten Würste in den Rauchwagen und fahren ihn in die Heißräuche. Dort werden die Wiener im heißen Wasserdampf bei 70 Grad etwa zwei Stunden gebrüht. "Durch diesen Vorgang wird die Wurst nicht nur haltbar, sondern auch bissfest und bekommt so ihre Knackigkeit", sagt Dölling. Die beim Räuchern eingesetzten Buchenholzspäne verleihen den Wienern den unverkennbaren Geschmack und die bräunliche Färbung. Nach sechs Stunden sind die Wiener Würstchen fertig. Wer sie dann noch 20 Minuten bei 80 Grad erwärmt, wie in der Versuchsküche des Werkes bei der täglichen Verkostung, kann den idealen Geschmack genießen.

Es herrscht Hochbetrieb im Elmshorner Werk. Die Produktion läuft in zwei Schichten, verpackt wird in drei Schichten. "Der Dezember ist unser stärkster Monat. Die Produktionsmenge liegt 25 Prozent über dem üblichen Niveau", sagt Dölling. Denn Weihnachten und Silvester läuft nicht ohne Wiener Würstchen. "Die Nachfrage des Handels ist enorm", sagt der 35-jährige Chef, der das Unternehmen in der vierten Generation führt. Im Januar und Februar lässt der Appetit auf Würstchen rapide nach. "Wir federn das mit flexiblen Arbeitszeiten ab", so Dölling. Im März läuft dann die Produktion der Würste für die Grillsaison wieder an.

Die dürfte im nächsten Jahr etwas teurer für die Verbraucher werden. "Die Entwicklung der Fleischpreise macht uns zu schaffen. In den vergangenen 18 Monaten mussten wir vier Preiserhöhungen vornehmen", sagt Dölling. Statt 3,99 Euro für acht Wiener je 100 Gramm zahlt der Kunde jetzt beim Discounter 5,29 Euro. Noch spürt das Unternehmen deshalb keine nachlassende Kaufbereitschaft. Doch das könnte sich noch ändern. Rund 11.000 Tonnen Wurstwaren produzieren die beiden Werke in Elmshorn und Lübz mit insgesamt 320 Beschäftigten in diesem Jahr. Im nächsten Jahr rechnet Dölling mit einer Steigerung von drei bis vier Prozent. Das geht nur, indem der Export ausgebaut wird.

"Den Exportanteil konnten wir in diesem Jahr auf acht Prozent verdoppeln", sagt Dölling. Im nächsten Jahr soll er auf zwölf Prozent wachsen. "Wir sind das einzige Unternehmen der Branche, das nach China exportieren darf", sagt Dölling. Das wichtigste Land in seiner Exportstrategie ist aber Japan. Besondere Produkte mussten für das Land nicht entwickelt werden. "Die Japaner bevorzugen den deutschen Geschmack", sagt Dölling. Besonders Weißwurst ist in dem Land gefragt. Daneben hat Döllinghareico Dänemark und Finnland im Visier. "Der skandinavische Geschmack ist dem norddeutschen sehr ähnlich", sagt Dölling. In Nordeuropa dominiert das Rauchverfahren bei der Wurstherstellung, während im Süden eher luftgetrocknet wird. Das führt zu einem unterschiedlichen Geschmack.

Die verstärkte Internationalisierung des Geschäfts wird erst seit anderthalb Jahren betrieben, seit dem Dölling die alleinige Geschäftsführung von seinem Vater Claus Dölling übernommen hat. Dazu wurde ein Exportleiter eingestellt, der die Kontakte zu Asien hat und die Vertriebsabteilung personell verdoppelt. Auch die Belieferung der Discounter hatte sein Vater so nicht auf dem Zettel. "Penny war der erste Discounter. Inzwischen sind Netto und Aldi Nord hinzugekommen", sagt Dölling. Das Unternehmen profitiert davon, dass auch die Discounter stärker auf Markenprodukte und regionale Erzeugnisse setzen.

Neben Brühwurst wie Wiener, Bratwurst oder Kieler Knacker stellt das Unternehmen auch Rohwurst wie Mettwurst, Lotsenwurst oder Salami her und beliefert damit die Fleischtheken der Supermärkte bei Edeka oder Famila und stellt abgepackte Ware für die Selbstbedienungsregale her.

Das Fleisch für die Wurstherstellung kommt zu 80 Prozent aus Norddeutschland, teilweise auch aus Belgien und Frankreich und wird gleich zu Beginn einer strengen Eingangskontrolle im eigenen Labor unterzogen. Diese Tests werden mehrfach wiederholt. Denn von seinem Vater hat Ole Dölling einen Grundsatz übernommen: Wenn es um die Qualität von Lebensmitteln geht, sollten wir sie stets an der Liebe zu unseren Kindern messen. Jede Produktionscharge wird auch verkostet. "In der Woche esse ich bestimmt ein Kilo an Würstchen", sagt Dölling.

Schulternacken oder Schinkenfleisch vom Schwein kommen schon fertig zerlegt an und werden in Fleischwölfen nur noch zerkleinert. Daraus entstehen dann zwei Grundmischungen: eine für die Brühwurst und eine für die Rohwurst, die dann im weiteren Produktionsprozess je nach Wurstsorte weiter verfeinert werden.

Eine Sorge hat der Firmenchef: Der Markt im Inland ist gesättigt und wächst schon seit Jahren nicht mehr. "Außerdem ist unsere Marke sehr regional aufgestellt", sagt Dölling. Rund 80 Prozent des Absatzes entfallen auf Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und das westliche Mecklenburg. In südliche Bundesländer vorzudringen, sieht Dölling als wenig chancenreich an, weil dort andere Marken und Geschmacksrichtungen dominieren. Zusammen mit etwa 100 Wurstherstellern in Deutschland sieht sich Dölling in einer Sandwichposition. "Auf der einen Seite haben wir etwa zehn Fleischlieferanten und auf der anderen Seite zehn Handelsunternehmen", sagt der Firmenchef. Gleichzeitig gibt es zu viele Kapazitäten bei den Herstellern, was zu einem Verdrängungswettbewerb führt. In den folgenden Jahren erwartet Dölling eine Konsolidierung, die er aktiv mitgestalten will. "Wir prüfen, ob sich nicht mit anderen Herstellern zumindest strategische Partnerschaften ergeben", sagt Dölling. So ließen sich neue Kunden gewinnen und die Produktpaletten könnte erweitert werden. Hareico entwickelt neue Produkte im eigenen Technikum. In die Grillsaison will das Unternehmen mit einer neuen Geflügelwurst für Kinder starten. Hier wurde auch die erste Streichwurst im Becher statt in der Pelle und Würstchen in Kunststoffverpackung statt im Glas entwickelt.