Die Idee eines Zusammenschlusses von Hapag-Lloyd und Hamburg Süd ist alt - die Hindernisse dorthin sind es auch

Hamburg. Der Vorstandsvorsitzende von Hapag-Lloyd ließ seinem Unmut freien Lauf. Der gescheiterte Zusammenschluss von Hapag-Lloyd und Hamburg Süd sei "eine vertane Chance. Die Analyse der Fusion hat klare wirtschaftliche Vorteile errechnet", sagte er dem Abendblatt. Das war im März 1997. Der Chef von Hapag-Lloyd hieß Bernd Wrede, die Aktionärsstruktur der größten deutschen Linienreederei war noch komplizierter als heutzutage. Und der damalige Versuch, die beiden Hamburger Schifffahrtsperlen zusammenzuführen, war geplatzt.

Eine wesentlicher Grund dafür war Wrede selbst. In seiner wenig diplomatischen Art hatte er in den Gesprächen mit den Eignern von Hamburg Süd, der Bielefelder Familie Oetker, darauf gedrungen, dass Hapag-Lloyd nach einem Zusammenschluss die unternehmerische Führung in der neuen Großreederei übernehmen müsse - also er selbst. Den Familienpatriarchen Rudolf-August Oetker allerdings, einen der großen Unternehmer der deutschen Nachkriegsgeschichte, beeindruckte das wenig. Er blies die Verhandlungen ab.

Die Machtfrage und die Zusammensetzung der Hapag-Eigner waren stets entscheidende Hindernisse, wenn mal wieder diskret über eine Fusion gesprochen wurde. Hamburg Süd gehört komplett den Oetkers. Bei Hapag-Lloyd wechselte über die Jahre immer wieder die Anteilseigner. Auf den TUI-Konzern, Alleineigner von Ende der 1990er-Jahre bis 2008, folgte als Mehrheitseigner das Hamburger Konsortium Albert Ballin um die Stadt Hamburg und den Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne. TUI ist heute noch mit rund 22 Prozent an Hapag-Lloyd beteiligt, will diese Anteile aber verkaufen.

Vor allem Kühne, der etwa 28 Prozent der Hapag-Lloyd-Anteile hält, warb in den vergangenen Jahren immer wieder, auch öffentlich, für eine Fusion der beiden Reedereien. Hamburg Süd wäre ein "idealer Partner" für Hapag-Lloyd, sagte er vor einiger Zeit: "Nur ein Zusammenschluss kann die Reederei wieder in die Spitzengruppe um Maersk und MSC hieven."

Die Anteilseigner der beiden Reedereien hielten sich am Dienstag mit Stellungnahmen weitgehend zurück. "Wir begrüßen diese Gespräche und sehen darin eine Wertchance für unseren Anteil", hieß es von TUI lediglich. Hamburg Süd bestätigte zwar erstmals überhaupt, dass es Gespräche über einen Zusammenschluss gebe. Aber der Oetker-Konzern kommentierte das nicht.

August Oetker, früher Konzernchef und heute Vorsitzender des Beirats, ist als gelernter Schifffahrtskaufmann für eine Fusion aufgeschlossen. Er kennt die Verwerfungen am Markt. Aber die Abstimmung über einen Zusammenschluss in der weit verzweigten Familie Oetker ist deutlich schwieriger als im heutigen Kreis der Hapag-Eigner.

Dabei liegen die Argumente für eine Fusion auf der Hand. Weder Hapag-Lloyd noch Hamburg Süd werden in diesem Jahr wohl Geld verdienen. Überkapazitäten bei den Schiffen, hohe Brennstoffkosten und ein relativ schwacher Welthandel drücken auf die Bilanzen. Seit 2008 schon leidet die Branche an den Folgen und Verwerfungen der Finanzmarktkrise in vielen Ländern. Die Transportpreise für die Container, die Frachtraten, dürften sich zwar wieder besser entwickeln, wenn die Überkapazitäten in einiger Zeit abgebaut sind. Die beiden Hamburger Reedereien gelten als exzellent geführt. Dennoch fragt sich, ob sie für die wirtschaftlichen Herausforderungen jeweils groß und kapitalstark genug sind.

Hapag-Lloyd steht mit 3,8 Prozent Marktanteil auf Rang sechs der größten Linienreedereien, Hamburg Süd mit 2,5 Prozent auf Platz zwölf. Weltmarktführer Maersk hält, gemessen an der Stellplatzkapazität seiner Containerschiffe, 15,4 Prozent Marktanteil. Hamburg Süd und Hapag-Lloyd würden sich ideal ergänzen. Hapag-Lloyd ist stark in den Ost-West-Verkehren zwischen Asien und Europa, Hamburg Süd auf den Nord-Süd-Routen etwa zwischen Europa oder Asien und Südamerika. Womöglich ist dieses Argument mittlerweile stärker als die alten Machtfragen um die Führu:g einer fusionierten Hamburger Reederei.