Beschlossene Sache: Die beiden Medienhäuser Bertelsmann und Pearson fusionieren ihre Sparten in den USA und in Großbritannien.

London. Als das Schreckgespenst auftauchte, ging plötzlich alles ganz schnell. In diesem Fall hört das Monster auf den Namen Rupert Murdoch. Der Chef des US-Medienkonzerns News Corp ließ seine britische Zeitung "Sunday Times" berichten, News Corp habe es auf den britischen Buchverlag Penguin abgesehen. Reihenweise flippten renommierte Penguin-Autoren aus: Wenn Murdoch der neue Besitzer würde, wäre der Traditionsverlag verloren, sorgten sich die Schriftsteller.

Der Penguin-Besitzer Pearson hatte es dann offenbar eilig, die Panik zu beenden. Noch am Sonntag trafen sich der Verwaltungsrat des britischen Medienunternehmens, um eine Fusion von Penguin mit dem US-Konkurrenten Random House zu beschließen. Der Gütersloher Konzern Bertelsmann, zu dem Random House gehört, und Pearson hatten seit fünf Monaten über den Zusammenschluss verhandelt. Mit dem Murdoch-Gebot kam dann offenbar endlich Schwung in die Beratungen.

Der neue Konzern mit Namen Penguin Random House steigt zum mit Abstand größten Buchverlag der Welt auf. Dabei sind beide Verlage für sich genommen auf dem Weltmarkt schon Giganten. Die beiden Konzerne rüsten sich mit dem Schulterschluss ihrer traditionsreichen Töchter Random House und Penguin gegen die schlagkräftigen US-Konkurrenten Amazon, Apple und Google. Denen ist es gelungen, mit E-Books große Stücke des globalen Buchmarkts zu erobern.

Bertelsmann bringe in die Fusion seine Buchtochter Random House ein und erhalte dafür 53 Prozent der Anteile an dem neuen Marktführer, Pearson mit seinen Penguin-Verlag weitere 47 Prozent, teilten die Firmen gestern mit. Geleitet werde der neue Verlag mit rund drei Milliarden Dollar Umsatz vom derzeitigen Chef der Bertelsmann-Buchsparte Random House, Markus Dohle. Sitz der neuen Firma Penguin Random House ist New York. Die Transaktion soll nach dem Okay der Kartellbehörden in der zweiten Hälfte 2013 unter Dach und Fach gebracht werden.

In den großen englischsprachigen Ländern wie den USA und Großbritannien legen die Firmen ihre Verlage zusammen. In anderen Weltgegenden ergänzten sich die beiden Buchhäuser sehr gut, sagte Bertelsmann-Chef Thomas Rabe im Interview mit Reuters. "Random House ist insbesondere in Südamerika stark - Penguin vor allem in Indien, China und Brasilien." Große Wachstumssprünge werde der fusionierte Konzern aber nicht machen. Das Buchverlagsgeschäft sei seit vielen Jahren stabil bis leicht wachsend. "An dieser generellen Charakteristik ändert auch der Zusammenschluss nichts", betonte Rabe, der Europas größten Medienkonzern seit Jahresanfang leitet.

Nicht Teil des Deals ist die Verlagsgruppe Random House in München, die bei Bertelsmann bleibt. Die deutsche Tochter mit Verlagen wie Heyne, Goldmann oder Siedler hätte nicht in den international ausgerichteten Großverlag gepasst, der vor allem englisch- und spanischsprachige Bücher herausbringt. Zudem ist der hiesige Buchmarkt im Vergleich zu anderen Ländern ein Hort der Stabilität - dank fester Buchpreise liegt der Branchenumsatz seit Jahren bei zehn Milliarden Euro.

Anders ist die Situation in Großbritannien und den USA. Online-Versandhäuser wie Amazon luchsen den dortigen Buchhändlern seit Jahren immer mehr Kunden ab. Der Siegeszug der E-Books beschleunigt den Abwärtstrend der Branche zusätzlich. Random House und Penguin könnten diesen Herausforderungen zusammen besser begegnen, sagte Rabe. "Der Zusammenschluss setzt Ressourcen frei, die wir insbesondere in die digitale Transformation des Geschäftes investieren wollen, also in Ausbau der E-Book-Geschäfte und in neue Vertriebswege."

Mit E-Books hat Random House jüngst einen großen Erfolg gelandet: Die elektronische Version des Sado-Maso-Bestsellers "50 Shades of Grey" verkaufte sich zwischen März und Ende Juni rund 15 Millionen Mal - so oft wie die gedruckte Ausgabe. Daneben hat Random House noch jede Menge zugkräftige Titel wie die Anwaltsthriller von John Grisham oder den Fantasy-Mehrteiler "Game of Thrones" im Programm. 2011 fuhr der Verlag mit 5300 Mitarbeitern bei 1,75 Milliarden Euro Umsatz ein Betriebsergebnis von 185 Millionen Euro ein.

Zu Bertelsmann gehören neben Random House noch Europas größte Fernsehgruppe RTL, Europas größter Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr und der Mediendienstleister Arvato. Konzernchef Thomas Rabe hatte im Frühjahr angekündigt, dass Unternehmen nach Jahren des Sparens wieder auf Wachstum trimmen zu wollen. Dazu soll auch Kapital von Investoren geholt werden. Ein erster Vorstoß zum Umbau floppte jedoch: Der Plan, die Familie Jahr bei Gruner + Jahr herauszukaufen und somit den Hamburger Verlag allein zu kontrollieren, scheiterte an den Preisvorstellungen.

Für den britischen Pearson-Konzern ist der Schritt eine Zäsur. Der angekündigte Rücktritt von Vorstandschefin Marjorie Scardino zum Jahreswechsel hat Spekulationen über eine neue Strategie bei Pearson ausgelöst. Analysten spekulieren, ob das britische Traditionsunternehmen nach dem Buch-Deal noch die "Financial Times" verkauft, um sich stärker auf das Geschäft mit Schulbüchern und Lehrmaterial zu konzentrieren, das bereits drei Viertel zum Konzernumsatz beiträgt.

Das Schreckgespenst Murdoch will sich unterdessen noch nicht geschlagen geben. Seine britische Tageszeitung "Times" schrieb gestern, der Medienmogul werde nicht aufgeben. In den kommenden Tagen wolle News Corp ein Kaufangebot über eine Milliarde Pfund (1,24 Milliarden Euro) für Penguin auf den Tisch legen. Beim Penguin-Eigner Pearson ruft diese Ankündigung allerdings nur Augenrollen hervor: "Die Fusion ist beschlossene Sache."