Handelskammer feiert zum achten Mal historische Morgensprache. Botschafter Murphy wird für Ausbau der transatlantischen Beziehungen geehrt.

Hamburg. Gekleidet in rote Roben, eine schwarze Kappe auf dem Kopf, in den Händen symbolische Insignien wie eine Armbrust, eine silberne Gießkanne, einen gusseisernen Schlüssel, eine Sammelschale oder ein Zepter - nur einmal im Jahr sieht man zwölf Spitzenvertreter der Hamburger Wirtschaft in so ungewöhnlicher Aufmachung: Bei der "Morgensprache", die an Versammlungen und Gebräuche Hamburger Kaufleute in ihrem Hanse-Kontor im London des 13. bis 16. Jahrhunderts erinnern soll.

Gemessen an dieser Tradition ist die Geschichte der Veranstaltung im Commerzsaal der Handelskammer allerdings noch recht jung. Gegründet wurde sie im Jahr 2005 vom Verein zur Förderung der Hamburger Wirtschaftsgeschichte, gedacht ist sie als Forum der Begegnung für Entscheidungsträger aus dem Nord- und Ostseeraum und aus Übersee - und auch dem Stadtmarketing soll sie dienen.

Rund 300 geladene Gäste sahen gestern Abend den feierlichen Einzug des "Kontorvorstands" in den historischen Kostümen, bevor der erste Gang des Festmahls serviert wurde. Unter den Gästen waren Inmi K. Patterson, Generalkonsulin der USA, Polens Generalkonsul Andrzej Osiak, Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, Haspa-Chef Harald Vogelsang und Herbert Aly, Chef von Blohm + Voss.

So eigentümlich unzeitgemäß die roten Gewänder auch anmuten, so modern klingt das Motto der Hamburger Kaufmannschaft aus der Hansezeit: "Freiheit des Geistes, der Chancen und des Handels." Diese Werte seien heute auch das bedeutendste Bindeglied in den transatlantischen Beziehungen, sagte der Gastredner Philipp D. Murphy, Botschafter der USA in Deutschland. Er gratulierte der EU zum Friedensnobelpreis: "Wir haben keinen stärkeren Partner als Europa und freuen uns, dass die Errungenschaften der Europäischen Union anerkannt werden."

Murphy zeigte sich überzeugt, dass Europa gestärkt aus der Krise hervorgehen wird - wobei Deutschland die treibende Kraft bei der Bekämpfung der Krise sei. Der Botschafter erinnerte zudem an eine Rede, die der Literatur-Nobelpreisträger Thomas Mann im Jahr 1953 in Hamburg vor Studenten hielt und sie beschwor, sie sollten nicht nach einem "deutschen Europa", sondern nach einem "europäischen Deutschland" streben. Bei der "Morgensprache" wurde Murphy mit dem vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag mit der Handelskammer Hamburg vergebenen German-American Friendship Award ausgezeichnet.

Auch Klaus von Dohnanyi, früherer Bürgermeister von Hamburg und zweiter Hauptredner, ging auf die aktuellen Probleme in Europa ein. Er plädierte dafür, dass die Mitgliedstaaten unter dem europäischen Dach ihre Bewegungsfreiheit behalten und ihre Wettbewerbsfähigkeit nach ihren Vorstellungen stärken sollten. "Die Nationalstaaten bleiben unentbehrlich", so Dohnanyi. Werde dies nicht hinreichend berücksichtigt, "werden wir Schiffbruch erleiden". Stadtstaaten wie Hamburg mit ihrer Individualität seien in dieser Hinsicht ein gutes Vorbild.

Wie in jedem Jahr spendeten die Teilnehmer der "Hamburger Morgensprache" einen fünfstelligen Betrag für ein Projekt des Hamburgmuseums. Mit dem Geld soll das aus dem Jahr 1692 stammende Modell des Salomonischen Tempels restauriert werden.

Zwar kann auch die Sammlung für den guten Zweck nicht über den elitären Charakter der Veranstaltung hinwegtäuschen. Doch ginge es nach der Handelskammer, würde es nicht dabei bleiben. Im Präsidium der Kammer kann man sich die "Morgensprache" gut als Schlusspunkt eines "Hansetages" mit Volksfestcharakter nach dem Muster der Feiern in anderen deutschen Hansestädten vorstellen.