Biotechnologieunternehmen Qiagen entschlüsselt gefährliche Krankheiten und hilft, Pandemien zu verhindern. Offene Stellen in Hamburg.

Hamburg. Wer mit Thomas Grewing spricht, riskiert, eine Gänsehaut zu bekommen. Das berufliche Leben des Chefs und Forschungsleiters von Qiagen in Hamburg dreht sich um Pandemien, Influenza, HIV, Hepatitis, SARS sowie Schweine- und Vogelgrippe. Der Molekularbiologe und seine rund 70 Mitarbeiter sind Gesundheitsdetektive. Sie helfen, gefährliche Krankheiten einzudämmen und damit zum Beispiel eine weltweite Grippewelle zu verhindern. "Wenn ein neues Virus auftaucht, analysieren wir seine genetische Sequenz, um einen passenden Test für den Krankheitserreger entwickeln zu können", sagt Grewing. Das Know-how des Unternehmens ist weltweit gefragt. Auch darum stieg die Zahl der Mitarbeiter seit der Gründung vor 13 Jahren von damals 16 auf 70. Und dieser Weg soll weitergehen. "Kompetenten Wissenschaftlern würde ich nicht die Tür verschließen", sagt Grewing, der unter anderem einen technischen Assistenten einstellen will und einen Teilzeitmitarbeiter für das Personalwesen sucht.

Qiagen gehörte zu den ersten Firmen, die 2009 innerhalb weniger Wochen einen Test für die Mexiko- oder Schweinegrippe anbieten konnten. "Damals machten wir haufenweise Überstunden. Jeder Mitarbeiter hielt es für selbstverständlich, an Bord zu bleiben - eine Urlaubssperre hätten wir erst gar nicht gebraucht." Auch die Vogelgrippe und der Auslöser der SARS-Pandemie konnten dank der Vorarbeit der Hamburger Forscher schneller bekämpft werden. Als Basis für ihre Arbeit dienen Proben wie Blut oder Abstriche aus der Nase oder dem Rachen von Patienten, die Labore an Qiagen schicken. Aus diesen Proben wird im sogenannten Aufreinigungslabor die DNA isoliert, auf der unterschiedliche Viren oder Bakterien nachweisbar sind.

"Unser Ziel ist die Entwicklung von Testsystemen, mit denen Labore schnell und zuverlässig selbst Krankheitserreger bei Patienten entdecken können", so der Wissenschaftler. Dazu bietet Qiagen seinen Kunden, etwa Krankenhäusern, auch passende Geräte zur Automatisierung der Tests für die Diagnostik an. "Unser Ziel ist, alle Tests so zu entwickeln, dass sie eine größtmögliche Vergleich- und Reproduzierbarkeit liefern. Das können wir mitMaschinen besser erreichen als per Hand." Allein von Qiagens Flaggschiff "QIAsymphony" sollen bis Ende 2012 weltweit insgesamt 750 Einheiten platziert werden - wobei Kunden das rund 100 000 Euro teure Gerät kaufen, aber auch mieten können.

Auf den ersten Blick hört sich die Arbeit der Experten einfach an. Tatsächlich aber ist dies eine hochqualifizierte und nicht ungefährliche Aufgabe. Denn auch wenn die DNA selbst nicht ansteckend ist, muss sie zur Entwicklung neuer Tests zunächst aus Proben wie Blut oder Speichel isoliert werden. Entsprechend tragen alle Mitarbeiter oder Besucher Schutzkleidung und müssen Verhaltensrichtlinien befolgen.

Unter Pandemie versteht man eine Länder und Kontinente übergreifende Ausbreitung einer Infektionskrankheit, der im schlimmsten Fall Tausende Menschen zum Opfer fallen. Der volkswirtschaftliche Schaden einer solchen Epidemie kann mehrere Hundert Milliarden Euro betragen. Schon allein deshalb arbeiten Wissenschaftler und Gesundheitsbehörden aus aller Welt unbürokratisch zusammen, wenn eine Pandemie droht.

"Wir tauschen uns unter anderem mit der US-Gesundheitsbehörde, dem Robert-Koch-Institut oder auch den asiatischen Behörden aus und vergleichen unsere Ergebnisse. Wenn irgendein Forscher auf der Welt etwas Neues entdeckt hat, das die Pandemie eindämmen könnte, erfahren es alle und bauen auf diesen Ergebnissen auf", sagt Grewing. Am Ende steht ein Nachweissystem, das den Erreger - meist unter Beteiligung von Qiagen in Hamburg - "detektiert", wie es der Forscher nennt. Damit haben dann Kliniken und Behörden schnell die richtigen Mittel, um den Erreger bei Patienten nachzuweisen und seine Verbreitung einzudämmen.

Qiagen gehört zu den erfolgreichsten Biotechnologie-Firmen der Welt. Mit seinen weltweit knapp 4000 Mitarbeitern in mehr als 35 Tochterunternehmen in rund 20 Ländern erzielte der Konzern 2011 weltweit einen Umsatz von rund 950 Millionen Euro. Qiagen beschäftigt sich unter anderem mit dem Thema personalisierte Medizin. Da nicht jedes Medikament bei jedem Patienten gleich wirkt, entwickelte die Firma zum Beispiel mit ihren Kras-Tests für Darmkrebspatienten eine Möglichkeit, vor der Medikamentenverordnung zu überprüfen, ob die im Monat mehrere Tausend Euro teure Arznei dem Betroffenen überhaupt hilft.

In Hamburg wurde das Unternehmen Mitte 2005 aktiv, als es die damalige Firma Artus für knapp 40 Millionen Dollar erwarb. Artus wurde 1999 von sechs Forschern des Bernhard-Nocht-Instituts - darunter Grewing - als Gesellschaft für molekularbiologische Diagnostik gegründet. Erstmals von sich reden machte das Unternehmen, als es im Jahr 2000 die sogenannte Rinderwahn-Krankheit BSE bei einer Kuh in Schleswig-Holstein entdeckt hatte.