Luft- und Raumfahrtmesse ILA wird heute in Berlin eröffnet. Branchenverband (BDLI) rechnet nach Boomjahren mit weniger Bestellungen.

Berlin. Nach den Rekorden der vergangenen Jahre dämpft die Flugzeugindustrie Hoffnungen auf weitere Milliardenaufträge. Er erwarte "keine spektakulären Großaufträge" auf der Luft- und Raumfahrtausstellung ILA, sagte Tom Enders, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) in Berlin. "Wir haben in diesem Jahr insgesamt eine Abkühlung", sagte er. "Das hängt sehr stark damit zusammen, dass wir 2011 ein absolutes Rekordjahr hatten."

Die Branche ist erfolgsverwöhnt. In den vergangenen Jahren konnten Flugzeugbauer rund um Airbus und Boeing ihre Auftragsbücher stark füllen. So sammelte etwa der europäische Hersteller Airbus 2011 zahlreiche Bestellungen für das spritsparende Kurzstreckenflugzeug A320neo ein. Der US-Rivale Boeing zog zuletzt mit starken Auftragseingängen für das Konkurrenzmodell 737Max nach. Beide Unternehmen sind auf der ILA vertreten, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heute in Berlin eröffnet.

Viele Fluglinien in Europa und in den USA stehen derzeit unter enormem Druck. Sie konkurrieren auf Kurzstrecken mit Billigfliegern. Auf Langstrecken machen ihnen effiziente und teils staatlich subventionierte Rivalen aus den Golfstaaten Konkurrenz. Die schlechte Wirtschaftslage im Zuge der europäischen Schuldenkrise verschärft die Situation zusätzlich. Die Branchenvereinigung IATA erwartet, dass sich die Gewinne der Airlines im laufenden Jahr halbieren werden.

Die Flugzeugbauer blicken trotz der schwierigen Lage der europäischen Airlines allerdings mit Optimismus in die Zukunft. "Dass die Industrie von der Situation der europäischen Airlines nicht stärker in Mitleidenschaft gezogen wird, hängt schlicht und ergreifend daran, dass die Wachstumsmärkte im Raum Asien und Pazifik und Mittelost nach wie vor die Treiber des Geschäfts sind", sagte Enders. Diesen Eindruck bestätigten Airbus und Boeing auch jüngst in ihren langfristigen Marktprognosen. Airbus geht von einem weltweiten Bedarf an 28 000 neuen Flugzeugen bis 2031 aus, Boeing rechnet sogar mit 34 000 Fliegern. Beide Unternehmen erwarten ein besonders starkes Wachstum etwa in China.

Konkrete Prognosen, mit welchen Aufträgen die Luftfahrtbranche auf der ILA zu rechnen hat, wagte Enders allerdings nicht. "Es ist gute Tradition, nicht schon am Anfang zu analysieren, welche Aufträge reinkommen", sagte Enders, der den Airbus-Mutterkonzern EADS leitet. Die ILA wird traditionell von Airbus dominiert.

+++ Im Flugzeugbau brummt der Wachstumsmotor +++

Erstmals seit zehn Jahren ist auch wieder Boeing mit der zivilen Sparte vertreten. Kleinere Hersteller wie Bombardier oder Embraer stellen nicht aus. Zwar hatte Airbus vor zwei Jahren noch einen Milliardendeal mit Emirates auf der ILA besiegeln können, trotzdem steht die Ausstellung häufig im Schatten der größeren Luftfahrtmessen in Le Bourget sowie Farnborough. Zuletzt war berichtet worden, dass Airbus in fortgeschrittenen Verhandlungen mit der malaysischen Billigfluglinie Air Asia stehe.

Die zentrale Herausforderung für die Flugzeugbauer ist es derzeit, den teils immensen Auftragsbestand abzuarbeiten. Airbus etwa ist auf sechs Jahre hin ausgelastet. Vor allem mittelständische Zulieferbetriebe drohen angesichts des hohen Produktionstempos überfordert zu werden. Dem BDLI zufolge müssen sie jährlich ihre Kapazitäten um zehn bis 15 Prozent ausweiten.

Häufig mangelt es ihnen allerdings an der Finanzkraft, um nötige Investitionen zu bewältigen. Enders befürwortet daher eine stärkere Konsolidierung in der Zulieferbranche, auch über Landesgrenzen hinweg: "Ich sehe es sehr positiv, wenn leistungsfähige Industriekerne in Deutschland unter größeren und finanziell stärkeren Dächern landen. Ich glaube, das ist der Trend."

Die Zahl der Unternehmen, die sich als Zulieferer etablieren wollen, nimmt indes zu. So sind auf der ILA in diesem Jahr ein Fünftel mehr Zulieferer als noch bei der letzten Luft- und Raumfahrtausstellung im Jahr 2010 vertreten. Ein möglicher Grund dafür: Dem Branchenverband BDLI zufolge führt der Sparzwang der europäischen Regierungen dazu, dass viele Rüstungsbetriebe ihre zivilen Standbeine ausbauen.

In diesem Jahr werden 1243 Aussteller aus 46 Ländern auf dem neuen Messegelände neben der Südbahn des künftigen Flughafens Berlin Brandenburg in Schönefeld erwartet. Das ist eine Rekordbeteiligung.