Stellenabbau und weitere Schließungen von Filialen sind kein Tabu. Aktienkurs fällt

Frankfurt. Die Commerzbank macht auf ihrem Sparkurs nicht mehr vor ihren elf Millionen Privatkunden halt. Vorstandschef Martin Blessing kündigte eine "strategische Überprüfung" der Sparte mit 1200 Filialen an, die auch vier Jahre nach der Fusion mit der Dresdner Bank kaum Geld verdient. Er spannt die 16 500 Mitarbeiter aber bis November auf die Folter, ob sie mit Stellenstreichungen und Filialschließungen rechnen müssen. "Die Commerzbank passt sich der Realwirtschaft an", so Finanzchef Stephan Engels. Alle Kosten kämen auf den Prüfstand.

Die Bank fürchtet eine Verschärfung der Euro-Schuldenkrise, die sie in Spanien und Italien hart treffen würde. Ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone sei die größte Gefahr, erklärte die Nummer zwei in Deutschland. Risiken zu reduzieren und die Kapitalpolster weiter zu stärken, habe deshalb sogar Vorrang vor Gewinnen, sagte Blessing.

Im ersten Halbjahr ging der Nettogewinn um ein Drittel auf 697 Millionen Euro zurück, weil die Zinsen niedrig sind und die Kunden kaum Wertpapiere kaufen. Zugleich wachsen die faulen Kredite in der Schiffsfinanzierung, aus der die Bank ebenso wie aus der Immobilienfinanzierung aussteigen will.

Deshalb werde bis zum Jahresende nicht mehr viel Gewinn hinzukommen, räumte Engels ein. "Wir sehen derzeit auch keine Anzeichen dafür, dass sich der Druck auf das operative Ergebnis reduziert." Die Risikovorsorge auf dem geplanten Niveau von 1,7 Milliarden Euro zu halten, werde angesichts der dunklen Wolken am Konjunkturhimmel immer schwieriger. Im ersten Halbjahr waren es gut 600 Millionen. Das gefährdet laut Engels auch das Ziel, für 2013 erstmals nach der Finanzkrise wieder eine Dividende zu zahlen.

Seine Ernüchterung verprellte die Investoren: Mit minus 4,1 Prozent auf 1,23 Euro war die Commerzbank-Aktie bis zum Nachmittag größter Verlierer im Deutschen Aktienindex. Im zweiten Quartal blieben von den elf Millionen privaten Kunden gerade 14 Millionen Euro hängen - ohne den Onlinebroker Comdirect wäre die Sparte sogar in die roten Zahlen gerutscht.