Hamburg. Der Hamburger Versandhandels- und Dienstleistungskonzern Otto entwickelt sich immer mehr zu einem weltweit agierenden Finanzier von Internet-Start-ups. Nach Europa, Asien und Russland steigen die Hanseaten nun auch in einen 130 Millionen Dollar (107 Millionen Euro) schweren Fonds in Brasilien ein, wie ein Konzernsprecher dem Abendblatt bestätigte. Rund 20 Millionen Dollar stecken sie in den Fonds, der von einem Joint Venture der beiden Investmentgesellschaften Redpoint und e.ventures verwaltet wird und junge Onlinefirmen mit Wagniskapital versorgen soll.

Das Engagement in Brasilien passt zu der jüngst von Konzernchef Hans-Otto Schrader ausgegebenen Strategie, das schnell wachsende Schwellenland zu einem Schwerpunkt der weiteren Entwicklung der Otto Group zu machen. In fünf Jahren will der Konzern in Brasilien einen Umsatz von rund 500 Millionen Dollar erwirtschaften. Die modeverrückten Brasilianer gelten als besonders interessant für die Hanseaten, die auch in Deutschland einen Großteil ihrer Umsätze im Onlinehandel mit Textilien erwirtschaften. Mit seiner immer größer werdenden Mittelklasse könnte das Land laut Prognose der Weltbank bis 2016 zudem in die Liga der fünf größten Wirtschaftsmächte aufsteigen.

Mit e.ventures arbeitet Otto schon in anderen Ländern zusammen. Das Unternehmen ist mit eigenen Büros in Hamburg, Berlin, San Francisco, Moskau, Tokio und Peking vertreten. Darüber hinaus steckt der Versandhandelskonzern sein Geld in den sogenannten Inkubator Project A. Inkubatoren stellen jungen Gründern nicht nur Wagniskapital zur Verfügung, sondern helfen ihnen auch bei der Buchhaltung oder der Ausarbeitung eines Geschäftsplans. Project A arbeitet vor allem mit deutschen Start-ups zusammen.

Die Förderung kleiner Internetfirmen ist für Otto eine Möglichkeit, nicht den Anschluss an das rasant zunehmende Onlinegeschäft zu verlieren. Zwar erwirtschaftet der Konzern schon heute weit mehr als die Hälfte seiner Umsätze im weltweiten Datennetz, tut sich aber insbesondere in Deutschland mit der Konkurrenz von Amazon oder Zalando schwer. Der wachsende Wettbewerb zwingt die Hamburger derzeit auch zu einer Umstrukturierung des deutschen Kerngeschäfts.