Eine Umfrage in der Hamburger Innenstadt ergibt: Die Kunden achten auf die Qualität der Ware und die Händler sind zufrieden.

Hamburg. Normalerweise geht Joline Schröder mit ihren Freundinnen einkaufen. Durch die Straßen der Innenstadt schlendern, das eine oder andere Schnäppchen machen oder einfach nur ein bisschen bummeln, ohne gleich ein Vermögen auszugeben: Das geht am besten mit den Mädels. An diesem Tag wird die 18-Jährige jedoch von ihrem Vater begleitet, denn ein warmer Wintermantel muss her. "Bei den teureren Anschaffungen hilft man als Papa doch gerne mal aus", sagt Burkhard Schröder gutmütig und lacht.

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"Klar, man muss in den heutigen Zeiten auf sein Geld achten", sagt er, "aber was muss, das muss." Am Ende des Tages landet ein brauner Mantel für 189 Euro in der Einkaufstüte, "der dann aber wenigstens warm hält und auch ein paar Winter übersteht", meint der 53-Jährige. "Für ein gutes Stück muss man schon mal etwas mehr ausgeben."

Trotz weltweiter Wirtschaftskrise scheint die Kauflust der Hamburger weiter ungetrübt. Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung geben die Deutschen ihr Geld lieber aus, als es auf der Bank liegen zu lassen. Ein Blick in die Einkaufsstraßen der Hansestadt bestätigt die Ergebnisse der Untersuchung. Auch wochentags sind die großen Flaniermeilen gut gefüllt, selbst die teuren Boutiquen am Neuen Wall oder Jungfernstieg verlassen die Kunden mit großen Einkaufstüten. Zumindest auf den Inhalt der Portemonnaies scheint die Unsicherheit auf den Finanzmärkten noch keine merkbaren Auswirkungen zu haben.

"Die Jahreszeiten ändern sich, die Kunden kleiden sich ein oder machen es sich mit neuen Accessoires zu Hause gemütlich. Das wird sich auch trotz Krisenstimmung nicht verändern", sagt die Filialleiterin eines Wäschegeschäfts mit Blick auf das Konsumverhalten der Hamburger in den vergangenen Wochen. "Natürlich ringen alle Einzelhändler um Kunden, aber einen wirklichen Unterschied bemerken wir im Vergleich zu den Vorjahren nicht." Auch viele Einzelhändler am Neuen Wall beobachten Ähnliches. Die Kunden bummeln nicht nur, sondern sie kaufen auch kräftig ein.

Auch die beiden Studentinnen Daniela und Lisa haben sich nach einem anstrengenden Tag an der Uni dafür entschieden, noch einmal einen Abstecher in Richtung Innenstadt zu machen, um ein bestimmtes Portemonnaie zu kaufen, dass die 22 Jahre alte Lisa schon lange haben will. "Wenn man etwas Schönes sieht, dann sollte man es sich auch kaufen", findet die Studentin, schränkt aber ein: "Für mich zählt Qualität vor Quantität. Lieber gebe ich jetzt mehr Geld aus für ein hochwertiges Portemonnaie, als dass ich mir bald wieder ein neues kaufen muss." Die Krise selbst sei im realen Leben der jungen Frauen noch nicht angekommen, sagt Freundin Daniela. "Beobachtet man die Berichterstattung in den Medien, dann wirkt das schon alles sehr bedrohlich", gibt die 25-Jährige zu. "Aber an meiner persönlichen Lebenssituation hat das bisher nichts verändert."

Ähnlich sehen es Dirk und Bärbel Richter, die für einen Kurzbesuch aus Dorsten am Rande des Ruhrgebiets in die Hansestadt gekommen sind. Nach ein paar Tagen Kultur sind sie nun auf der Mönckebergstraße unterwegs. "Nur weil auf der Welt Krisenstimmung herrscht, verändern wir unser Konsumverhalten nicht - das wäre Quatsch", sagt Bärbel Richter. "Wir geben nicht mehr Geld aus als früher, schränken uns aber auch nicht ein." Deshalb gehört für das Ehepaar natürlich auch ein kleiner Bummel zum perfekten Städtetrip dazu, bei dem ein paar Kleinigkeiten wie hochwertige Handschuhe in der Einkaufstüte landeten.

Von Krisenstimmung ist auch im Porzellanfachgeschäft Weitz nichts zu spüren, berichtet Kerstin Weller, stellvertretende Filialleiterin am Neuen Wall. Besonders an Freitagen und Sonnabenden sei der Laden nach wie vor gut besucht. "Auch vom Weihnachtsgeschäft erwarten wir viel, denn egal wie die Umstände sind: Leute, die großen Wert auf Qualität legen, kaufen weiter bei uns ein", so Kerstin Weller.

Einkaufen musste an diesem Tag auch Frederik Eggers, der für seine geplante Feier am Wochenende Weingläser benötigt. "Ich hatte schon befürchtet, dass ich dafür sehr viel Geld ausgeben müsste", sagt der 33-Jährige. "Wenn ich schon einmal in langlebige Dinge investiere, dann soll es auch etwas Ordentliches sein." Glücklicherweise konnte der Makler in einem großen Kaufhaus ein Schnäppchen machen, hochwertige Gläser für die Hälfte des Normalpreises kaufen. Seine Einstellung zum Konsum und sein Einkaufsverhalten hat Eggers trotz Finanzkrise nicht verändert. "Das Thema ist so komplex und für viele Menschen kaum greifbar - auch ich bin mir in vielen Bereichen unsicher", sagt der Hamburger. "Mittelfristig werden wir Bürger von der weltweiten Krise sicherlich einiges mitbekommen, aber im Moment betrifft es uns noch nicht direkt." Bis es so weit ist, will Eggers so weiterleben wie bisher, nämlich "nicht jedem Trend hinterherlaufen und das Geld rauswerfen", sagt der Makler. "Aber ich werde mich auch nicht von der Krise verrückt machen lassen."