Unternehmen trennt sich von einem Manager. Er soll bei der Ausgliederung der IT-Sparte versucht haben, in die eigene Tasche zu wirtschaften

Hamburg. Der Hamburger Windkraftspezialist Repower Systems hat sich mit sofortiger Wirkung von seinem Manager Uwe B. getrennt. Der Hamburger Unternehmensberater war im November 2010 zu Repower gekommen. Er sollte als Interimsmanager - also zeitlich befristet beschäftigt - die IT-Abteilung des Unternehmens ausgliedern, was neudeutsch als "outsourcen" bezeichnet wird. Ein Ausschreibungsprozess wurde eingeleitet. Schon im April wandte sich B. an den Computerkonzern IBM und füllte einen Antrag auf "Marketing Support Fee", also eine Geldzahlung, aus. Als Gründe gab er in einem von dem Computerspezialisten entwickelten Fragebogen an, dass seine eigene Firma IBM Repower nähergebracht habe. "Der Endkunde Repower Systems AG kannte das Unternehmen IBM bislang nicht als Outsourcing-Anbieter und hätte ohne den Marketingsupport der Firma die IBM nicht an dem Ausschreibungsprozess beteiligt", schrieb er in dem von IBM als "vertraulich" bezeichneten Antragsformular, das dem Abendblatt vorliegt. Tatsächlich war der US-Konzern am Ende einer der zehn Teilnehmer, die aufgefordert wurden, ein Gebot für die Repower-Sparte abzugeben. Nach der ersten Runde blieben vier Bieter übrig. "Die IBM wurde durch den Marketingsupport der Firma als Shortlist-Anbieter ausgewählt und hat daher die erforderlichen Ausschreibungsunterlagen (RFI und RFQ) für die Finalisierungsphase des Projekts erhalten", untermauerte B. auf dem Formular am 14. April 2011 seinen Anspruch. "Darüber hinaus hat die Firma die Leistungsstärken und Möglichkeiten der IBM als Outsorcing-Dienstleister vermittelt und zu einem früheren Zeitpunkt des Engagements Gesprächskontakte auf der Vorstandsebene hergestellt."

Die Höhe einer Erfolgsprämie kann in solchen Fällen bis in den siebenstelligen Bereich gehen. Doch nach Abendblatt-Informationen sind bislang keine Zahlungen erfolgt. Dennoch war IBM als einziger Verhandlungspartner für Repower übrig geblieben. Während B. inzwischen verlauten lässt, er selbst habe seinen Vertrag mit IBM schon vor dem Sommer 2011 aus moralischen Gründen widerrufen, belegen dem Abendblatt vorliegende E-Mails durchaus eine enge Verbindung zwischen dem Manager und dem Konzern. Am 2. September bittet ein IBM-Mitarbeiter um die Fähigkeitsprofile der 36 von dem Outsourcing betroffenen Mitarbeiter. B. hat sie geliefert. Angeblich ohne Namensnennung der Betroffenen. Doch von Mitarbeiterseite wird befürchtet, dass sogar Personalakten weitergegeben worden seien. Repower verneint dies entschieden.

Der Gesamtbetriebsrat des Windkraftunternehmens hat jetzt die Rechtsabteilung der Firma aufgefordert, den Ausschreibungsprozess nochmals dahingehend zu überprüfen, ob alles rechtens gelaufen sei. Die Untersuchung läuft noch, aber das Unternehmen zeigt sich zuversichtlich darüber, dass es keine Unregelmäßigkeiten finden wird. Dennoch behält sich Repower rechtliche Schritte gegen seinen ehemaligen Manager vor. Auch der Computerkonzern ist alarmiert. "IBM nimmt den Hinweis sehr ernst. Eine interne Prüfung läuft. Deshalb geben wir derzeit keine Stellungnahme in der Sache ab", sagte Unternehmenssprecher Peter Gerdemann.

Derweil sind die 30 bis 36 von dem Outsourcing betroffenen Mitarbeiter in Sorge, ob sie nach der Ausgliederung ihren jetzigen Job behalten dürfen. Am Donnerstag auf einer Betriebsversammlung in Husum gab Repower-Vorstand Gregor Gnädig einen Funken Hoffnung. "Er sagte zu, dass er sich darum kümmern will, dass die betroffenen Beschäftigten auch nach ihrer Ausgliederung mittel- und langfristig im Unternehmen bleiben können", hieß es von Mitarbeiterseite. Dann könnten sie immerhin ihrer bisherigen Tätigkeit nachgehen, hätten jedoch einen Vertrag von einem anderen Arbeitgeber.

Repower ist kein Einzelfall. Knapp 103 000 Fälle von Wirtschaftskriminalität wurden im vergangenen Jahr in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik erfasst, 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese Zahl allein könne aber das Ausmaß von Wirtschaftskriminalität noch nicht veranschaulichen, sagte jüngst Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts. Das werde erst deutlich, wenn man sich den verursachten Schaden ansehe, um den es gehe: So hätten Wirtschaftskriminelle im vergangenen Jahr in Deutschland Schäden in Höhe von 4,655 Milliarden Euro verursacht - laut Ziercke der höchste Betrag der vergangenen sechs Jahre. Vergleicht man das mit den Gesamtschäden, die durch Kriminelle angerichtet wurden, so macht die Wirtschaftskriminalität davon immerhin 55 Prozent aus. Und das sei nur die Dunkelziffer, sagte Ziercke. Viele Fälle würden nicht angezeigt - wie im Moment auch noch der bei dem Hamburger Unternehmen.