In Frankfurt startet die IAA. In Hamburg testet das Abendblatt eines von gut 2300 bundesweit zugelassenen Elektrofahrzeugen.

Hamburg. Kreuzung Wandsbeker Chaussee/Lübecker Straße: Zwei Autos stehen nebeneinander an der roten Ampel. Links ein Porsche 911, silber-grau. Der Kontrahent: ein Mitsubishi i-MiEV. Klein, stumm. Nicht einmal ein leises Summen gibt das Elektroauto von sich - ähnlich wie ein Autoskooter auf dem Hamburger Dom. Kurzer Blickkontakt zwischen den Piloten. Die Ampel springt auf Grün, beide treten aufs Gaspedal. Der Motor des Porsche heult auf, der i-MiEV gibt keinen Ton von sich. Dann - der irritierte Blick des Porsche-Fahrers: Das kleine Elektroauto bleibt auf Augenhöhe, beschleunigt problemlos - und verliert erst den Anschluss, als der Sportwagen die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 Kilometern in der Stunde überschreitet.

Der Kleinwagen mit reinem Batteriebetrieb, der den Kampf David gegen Goliath an der Ampel zumindest offenhalten konnte, ist eines von exakt 2307 Elektroautos, die derzeit auf Deutschlands Straßen unterwegs sind - ein Großteil davon für gewerbliche Zwecke. Bis 2020 sollen es eine Million sein - so lautet zumindest das ehrgeizige Ziel der Bundesregierung. Mit längerer Steuerfreiheit und Sonderfahrrechten in Innenstädten sollen Käufer angelockt werden. Derzeit sind der i-MiEV gemeinsam mit den baugleichen Citroën C-Zero und Peugeot iON die einzigen in Großserie gebauten reinen Elektroautos auf dem deutschen Markt.

Bis Ende des Jahres wollen einige Hersteller nachziehen. Einer Umfrage des Verbands Bitkom zufolge könnten sich bereits heute 69 Prozent der Bundesbürger vorstellen, ein Elektroauto zu kaufen. "Die meisten Menschen haben sich geöffnet für neue Formen der Mobilität", sagt Martina Koederiz von Bitkom. Wichtige Voraussetzungen: Die Kosten dürfen nicht höher als bei der Benzinvariante liegen und der Komfort muss mindestens gleich bleiben. Mit einem Preis von 34 390 Euro ist der i-MiEV allerdings derzeit noch deutlich teurer als das Gros der mit Benzin betriebenen Kleinwagen.

Das Einparken funktioniert mit dem Stadtauto perfekt, denn es ist klein und wendig. Allerdings kann der stumme Motor Probleme bereiten. Das Auto wird von anderen Verkehrsteilnehmern nicht wahrgenommen. Es ist also Obacht geboten - vor allem beim Rückwärtsfahren. Wenn man Aufmerksamkeit bekommt, dann durch das außergewöhnliche Design. Fast alles ist rund, von der Frontpartie über das gewölbte Dach bis hin zur Innenausstattung. Das einzig Eckige sind die Blinkerpfeile der Anzeige hinter dem Lenkrad. Den i-MiEV gibt es in nur einer Version, die aber immerhin serienmäßig mit Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern, einem Lichtsensor und sechs Airbags vom Band rollt. Bei einem Tempodurchschnitt von 100 Kilometern in der Stunde verspricht der Hersteller eine Reichweite von 80 Kilometern. Auf dem Beschleunigungsstreifen der Autobahnauffahrt fallen die noch verfügbaren Kilometer auf der Akkuanzeige, gefühlt im Sekundentakt. Die Angst auf dem Seitenstreifen liegen zu bleiben - keine Steckdose weit und breit - steigt. Die 120km/h-Marke erreicht der i-MiEV problemlos, bei 130 km/h ist Schluss. Und mittlerweile ist das Sicherheitsgefühl nicht mehr ganz so ausgeprägt wie in der Innenstadt. Eine wirkliche Alternative ist das Elektroauto also nur für den Stadtverkehr.

Gerade Hamburg hat sich bereits auf die Fahrzeuge für die Steckdose eingestellt. An insgesamt 50 Ladestationen, die von Vattenfall und Hamburg Energie betrieben werden, kann "getankt" werden. Mit einer Nutzerkarte, über welche die Abrechnung erfolgt, wird die Steckdose freigegeben. Normalerweise. Beim Selbsttest geht das alternative Tanken allerdings schief. "Dienst derzeit nicht möglich", steht auf dem Display der "Zapf"-Säule. Eine Stimme am anderen Ende des Servicetelefons verweist stromdurstige Fahrer an die nächste angeblich funktionierende Ladestation. Glücklicherweise ist der Akku noch nicht leer. Acht Stunden dauert das Aufladen - wenn Strom vorhanden ist. Moderne Schnellladestationen, die den leeren Akku in einer halben Stunde auf bis zu 80 Prozent auffüllen können, gibt es in Deutschland noch nicht. Tanken kann man aber auch an der heimischen Steckdose. Die Stromkosten belaufen sich dabei auf etwa 3,50 Euro pro vollständiger Akkuladung.

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Hamburg ist eine der acht deutschen Modellregionen für Elektromobilität. In der Stadt wurde der Schwerpunkt bewusst auf die gewerbliche Nutzung von Elektrofahrzeugen gelegt, Kooperationspartner sind unter anderem Airbus, die Deutsche Post, die Stadtreinigung und die Deutsche Bahn. Mit insgesamt 133 Fahrzeugen sind Hamburger Firmen unterwegs. Neben Batterieautos setzt die Stadt auch auf Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzellen.

Auch bei der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) , die gestern für Journalisten ihre Tore geöffnet hat, steht das Thema "Elektromobilität" im Mittelpunkt. Internationale Hersteller und Zulieferer präsentieren ihre neuesten Entwicklungen. Serienmäßige Modelle, die auch für Privatpersonen zu kaufen sind, bietet jedoch bislang kein deutscher Hersteller an. Ernüchterung oder Zweifel an der Antriebstechnologie? Selbst Experten raten, sich bei der Entwicklung nicht auf reine Elektroautos zu beschränken. Hybridfahrzeuge, die Benzin- und Elektromotor kombinieren, seien Erfolg versprechender.

Bei modernen Antriebstechnologien wolle man nicht nur auf ein Pferd setzen, betonte auch Matthias Wissman, der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie. Die Entwicklung von allen modernen Antriebssystemen müsse derzeit vorangetrieben werden, um später zu entscheiden, welche technisch, wirtschaftlich und ökologisch im Endeffekt am besten ist.

Zurück auf dem Parkplatz beim Autohändler in Wandsbek sind die Gefühle eher gemischt. Wird sich das reine Elektroauto durchsetzen? Oder ist der Sprit aus der Steckdose nur eine Nische, für den Massenmarkt aber letztlich nicht tauglich? Volker Lange, Präsident des Verbandes der internationalen Kraftfahrzeughersteller, drückt mit Blick auf das Elektroauto jedenfalls auf die Bremse: "Der Verbrennungsmotor wird auf absehbare Zeit seine überragende Bedeutung behalten."