Auch Nichtmitglieder können jetzt in den 226 Läden von Bertelsmann einkaufen. In Hamburg bekommen zwei Filialen neues Konzept.

Hamburg. Der Club Bertelsmann war mal ein echtes Erfolgskonzept in Deutschland. Literarisch ausgehungert strömten Millionen von Bundesbürgern nach dem Krieg in den exklusiven Lesezirkel und verpflichteten sich für einen kräftigen Preisnachlass nur allzu gerne, mehrere Bücher pro Jahr abzunehmen. So wurde der Club zur Keimzelle eines der größten Medienkonzerne in Deutschland.

Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Heute kaufen Lesehungrige ihre Lektüre mal in dieser, mal in jener Buchhandlung - wenn sie nicht gleich aufs Internet oder E-Books ausweichen. "Die Bereitschaft, sich langfristig an einen Buchklub zu binden, hat in der Bevölkerung über die Jahre nachgelassen", sagt der Sprecher der Clubsparte Direct Group, Matthias Wulff.

Vor diesem Hintergrund zieht Bertelsmann jetzt die Notbremse und öffnet alle 226 deutschen Filialen seines Buch-Clubs für Nichtmitglieder. Vom 1. Juli an kann sich jedermann im Sortiment der Buchläden bedienen - sei es im stationären Handel, online oder per Katalog. Die Rabatte von bis zu 25 Prozent bleiben allerdings den Besitzern von Kundenkarten vorbehalten.

"Wir wollen auf diese Weise vor allem die Kundenfrequenz in unseren Filialen erhöhen", sagt Clubsprecher Wulff. 60 Filialen in besonders guten Lagen werden zudem modernisiert und auf die neue Marke "Zeilenreich" umgestellt. In diesen Geschäften will Bertelsmann neben den exklusiven Lizenzausgaben auch vermehrt Titel aus dem normalen Buchhandelssortiment anbieten. Das Verhältnis soll bei 50:50 liegen.

In Hamburg werden demnächst die Filialen an der Großen Johannisstraße in der Nähe des Rathauses und in Harburg auf das neue Konzept umgestellt. Zwei weitere Läden an der Fuhlsbüttler Straße und im Einkaufszentrum Billstedt werden hingegen unter der bisherigen Marke fortgeführt.

Die Öffnung des Clubs dürfte für einigen Wirbel auf dem deutschen Buchmarkt sorgen, steigt Bertelsmann auf diese Weise doch zu einem der größten Player im preisgebundenen Buchhandel auf. Von der Zahl der Filialen her rangiert der Buch-Club damit nur noch knapp hinter Marktführer Thalia, der auf bundesweit 232 Geschäfte kommt. Allerdings verfügt der Branchenprimus über weitaus größere Geschäfte, die sich zudem in meist besseren Lagen befinden. Auch umsatzmäßig liegen der Club und Thalia weit auseinander. Während die Bertelsmann-Sparte Direct Group etwa 500 Millionen Euro im Jahr erlöst, sind es beim Marktführer rund 900 Millionen Euro.

Dementsprechend gelassen reagiert man bei Thalia auf die neue Konkurrenz. Die eigene Marktführerschaft sehe man durch die Öffnung der Bertelsmann-Clubs nicht in Gefahr, sagt Unternehmenssprecherin Mirjam Behrle dem Abendblatt. Thalia werde weiterhin auf Kompetenz und Service in den Filialen und den Verkauf über das Internet setzen.

Auch bei kleinen Hamburger Buchhändlern hält sich der Respekt vor einem geöffneten Bertelsmann-Club in engen Grenzen. "Wir sehen das ganz gelassen", sagt Matthias J. Marissal, Chef der alteingesessenen Buchhandlung Marissal am Rathausmarkt. "Die Kunden schätzen unsere Buchhandlung wegen der Atmosphäre und der persönlichen Beratung." Eine Konkurrenz sei das neue Bertelsmann-Konzept eher für die Kaufhausbuchhandlungen.

Tatsächlich dürfte die Öffnung der Buch-Clubs weniger eine Kampfansage an die Wettbewerber, sondern eher der letzte Versuch sein, die schlingernde Bertelsmann-Sparte vor der endgültigen Schließung zu bewahren. Von den rund fünf Millionen deutschen Clubmitgliedern Anfang der 90er-Jahre sind heute nur noch zwei Millionen übrig geblieben. Clubs in anderen Ländern wie den USA, Großbritannien, Italien und Australien stieß Bertelsmann bereits ab. Im Gegensatz zu Töchtern wie RTL, Arvato, Random House oder Gruner + Jahr steuert die Direct Group mittlerweile nur noch einen Bruchteil zum Gesamtumsatz des Konzerns von knapp 16 Milliarden Euro bei.

Wegen der schwierigen Lage mussten im vergangenen Jahr rund 20 Filialen in Deutschland geschlossen werden. Und nach einem Umsatzrückgang von rund zehn Prozent in 2010 wird es bei Bertelsmann schon als Erfolg gewertet, dass der Club überhaupt noch einen Gewinn erwirtschaftet hat.