Das Kabinett beschloss gestern einen Gesetzentwurf. Verbraucherschützer kritisieren jedoch die Übergangsfrist.

Hamburg. Aus dem Telefonhörer erklingt immer wieder die gleiche Musik, unterbrochen nur von einer freundlichen Stimme vom Band: "Bitte legen Sie nicht auf!" - doch der Gebührenzähler tickt unaufhörlich weiter. Mit diesem alltäglichen Ärgernis soll nun bald Schluss sein. "Es ist uns gelungen, das Problem der kostenpflichtigen Warteschleifen zu lösen", sagte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Wenn vom Unternehmer keine Leistung erbracht werde, dürften auch keine Kosten berechnet werden, erklärte sie. Das Kabinett beschloss gestern einen entsprechenden Gesetzentwurf.

Gemäß der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) dürfen Warteschleifen künftig nur noch bei Ortsnetzrufnummern, herkömmlichen Mobilfunknummern und entgeltfreien Rufnummern uneingeschränkt eingesetzt werden. In allen anderen Fällen sind die Warteschleifen nur noch dann erlaubt, wenn der Anruf entweder einen Festpreis hat oder der Angerufene die Kosten für die Dauer der Warteschleife trägt. Wie lange ein Kunde voraussichtlich warten werde, müsse ihm der Anbieter zu Beginn des Anrufs mitteilen. Während 0800-Nummern derzeit kostenlos sind, müssen Anrufer für 0180-Servicedienste und 0900-Premiumdienste zahlen.

Allerdings werden die neuen Bestimmungen nicht sofort wirksam, denn die Wirtschaft hatte eine Übergangsfrist für die technische Umstellung gefordert. So entfallen die Telefonkosten für die Warteschleifen erst ein Jahr nach der für den Sommer 2011 vorgesehenen Verabschiedung der Novelle in Bundestag und Bundesrat. Zumindest aber sollen ab Herbst die ersten zwei Minuten des Anrufs nichts mehr kosten, bis die Novelle im kommenden Jahr vollständig umgesetzt ist.

"Diese Verzögerung ist nicht so erfreulich", findet Julia Rehberg, Expertin der Verbraucherzentrale Hamburg, "zumal das, was die Bundesregierung jetzt beschlossen hat, eigentlich schon immer selbstverständlich gewesen sein sollte." Tests hätten ergeben, dass die Wartezeit genauso lang sein kann wie die anschließende Beratung, sagte Rehberg dem Abendblatt. Unklar sei noch, ob der in der Gesetzesnovelle vorgesehene Festpreis in der Höhe begrenzt ist.

Schon heute aber gibt es die Möglichkeit, hohe Gebühren für die 0180-Nummer zu umgehen. Auf der Internetseite www.0180.info veröffentlichen Nutzer des Brancheninformationsdienstes teltarif.de die normalen Festnetznummern, die hinter den häufig teureren Servicenummern stehen. Erfasst sind dort unter anderem Banken, Versandhändler, Behörden oder auch Telefonanbieter. Über die Neuregelungen zu den Warteschleifen hinaus soll die TKG-Novelle auch die Verbraucherrechte im Falle eines Umzugs und dem damit verbundenen Wechsel des Festnetzanschlusses stärken. "Die Probleme, die bisher beim Anbieterwechsel bestanden, gehören nun der Vergangenheit an", wird Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) zitiert. "Das stärkt das Vertrauen in Markt und Wettbewerb."

So müssen Telefon- und Internetanbieter beim Umzug eines Kunden die Leistung ohne Änderung der vereinbarten Vertragslaufzeit am neuen Wohnort fortführen, sofern dieser Dienst auch dort angeboten wird. Ist das nicht der Fall, gilt ein Sonderkündigungsrecht mit einer Frist von drei Monaten. Bei einem Wechsel des Anbieters muss die Freischaltung der Rufnummer innerhalb eines Tages erfolgen. Mobilfunkkunden können künftig ihre Rufnummer unabhängig von der konkreten Vertragslaufzeit jederzeit zu einem neuen Anbieter mitnehmen.

Der Hightech-Verband Bitkom hat die geplante Neufassung des Telekommunikationsgesetzes "im Grundsatz" begrüßt. Er warnte aber vor zu engen zeitlichen Vorgaben bei Umzug oder Anbieterwechsel. Bei einer Frist von nur einem Arbeitstag sei "zwangsläufig mit erhöhten Fehlerquoten" zu rechnen. Problematisch sei am Entwurf der TKG-Novelle auch die Verpflichtung, kostenlose Warteschleifen nicht nur bei 0180- und 0900-Diensten sicherzustellen, sondern letztlich bei allen Sonderrufnummern. Das bedeute eine erhebliche technische und finanzielle Zusatzbelastung für die betroffenen Telekommunikationsfirmen.

Tipp: Einfach Auflegen bei dubiosen Anrufen

Vor allem ältere Menschen sind häufig Opfer dubioser Verkaufsprofis. Wer nicht reingelegt werden will, sollte nie mit Unbekannten am Telefon sprechen. Auch dann nicht, wenn sie mit Versprechungen und Gewinnen locken. Persönliche Daten gehören sowieso nicht ausgeplaudert. Gleich auflegen ist die beste Möglichkeit, sich vor Abzocke zu schützen, rät die Bundesnetzagentur. Telefonrechnungen müssen wie Kontoauszüge auch regelmäßig geprüft werden. Unbesehen weglegen kann teuer werden.

Damit die Bundesnetzagentur Verbote gegen neue dubiose Firmen und Produktnummern verhängen kann, können sich Geschädigte dort per e-mail melden unter rufnummernmissbrauch@bnetza.de. Oder telefonisch unter 0291-9955-206.