Die Auflösung der Immobilienfonds betrifft auch das Hamburger Bürogebäude Fleetrand. Hier gibt es Tipps und Antworten für Anleger.

Hamburg. Die jüngste Auflösung von drei offenen Immobilienfonds hat die Branche wie ein Beben erschüttert. Alle betroffenen Immobilien werden nun verkauft und die Anleger in Raten ausgezahlt - Verluste sind nicht ausgeschlossen. Acht weitere Fonds nehmen derzeit keine Anteile mehr zurück, die Anleger kommen somit nicht mehr an ihr Geld. Manche Fonds weisen hohe Verluste aus. Rund drei Millionen Bundesbürger, die in solche Fonds investiert haben, fragen sich, wie sicher diese Anlageform noch ist, auch wenn ihre Fonds nicht betroffen sind. Das Abendblatt sprach mit Experten.

Warum sind Immobilienfonds in die Krise geraten?

Mehrere Fluchtwellen der Anleger haben den Fonds Liquidität in einem Maße entzogen, wie das vorher nicht der Fall gewesen ist. Verunsichert waren die Sparer vor allem durch die Finanzkrise. Auch große Investoren wie Dachfonds zogen ihr Geld ab. Doch das Geld der Anleger steckt in Immobilien, die nicht so schnell verkauft werden können. Die Fonds bekommen Liquiditätsprobleme, wenn zu viele Anleger gleichzeitig an ihr Geld wollen.

Warum müssen die Fonds jetzt plötzlich aufgelöst werden?

Die drei Fonds waren schon seit zwei Jahren geschlossen, weil sie Liquiditätsprobleme hatten. Nach dieser Zeit müssen sie wieder öffnen oder ihre Auflösung beschließen. So sieht es die Gesetzeslage im Moment vor.

Werden von den aufgelösten Fonds Hamburger Immobilien verkauft?

Der Degi Europa und der KanAm US-grundinvest besitzen keine Gebäude in Hamburg. Zum Fonds P2 von Morgan Stanley gehört das Bürogebäude Fleetrand am Hamburger Hafen mit einer Gesamtmietfläche von 12 500 Quadratmetern, das noch von Gruner + Jahr genutzt wird, aber auch einen hohen Leerstand aufweist. Umfangreiche Investitionen sind erforderlich, um neue Mieter zu gewinnen. Der Verkehrswert beträgt 37,3 Millionen Euro.

Drücken die Immobilienverkäufe auf das Preisniveau am Markt?

"Das ist nicht zu erwarten, weil die Immobilien nicht alle auf einen Schlag auf den Markt kommen", sagt Marcus Lemli von Jones Lang LaSalle. Die Fonds haben drei Jahre Zeit. "Außerdem steigt das Interesse an Gewerbeimmobilien wieder, auch wenn nicht alle Gebäude davon betroffen sind."

Haben offene Immobilienfonds als Anlageklasse ausgedient?

Sie sind die einzige Möglichkeit, um auch mit kleinen Beträgen in Immobilien zu investieren. "Deshalb werden sie ihre Bedeutung nicht verlieren", sagt Andreas Beck vom Institut für Vermögensaufbau. "Die Krise resultiert ja nicht aus dem generellen Anlagekonzept, das über viele Jahrzehnte funktioniert hat, sondern aus Fehlleistungen bei einzelnen Fonds und Großanlegern, die plötzlich sehr viel Geld abgezogen haben." Allerdings dürfen die Immobilienfonds nicht mehr als sichere Anlage mit immer nur positiven Renditen verkauft werden, sagt Michael Feigel vom Institut für Finanzdienstleistungen in Hamburg.

Soll ich meine Fondsanteile jetzt noch lieber schnell verkaufen?

"Wer die Fonds als einen besser verzinsten Ersatz für das Tagesgeldkonto ansieht, sollte sich von seinen Anteilen lieber trennen, sofern das noch möglich ist", sagt Feigel. Denn die Fonds werden künftig stärker schwanken und auch weitere Schließungen können nicht ausgeschlossen werden. Auch sinkende Renditen sind zu erwarten.

Wird es zu weiteren Auflösungen von Fonds in der nächsten Zeit kommen?

"Anderen großen ebenfalls geschlossenen Immobilienfonds wie dem CS Euroreal und dem SEB Immoinvest mit jeweils rund sechs Milliarden Euro Fondsvolumen muss dieses Schicksal nicht zwangsläufig drohen", sagt Sonja Knorr von der Ratinggesellschaft Scope. "Die Fonds sind gut aufgestellt und müssen spätestens im Mai 2012 wieder öffnen. Sie haben also mehr Zeit, ihre Liquiditätslage zu verbessern."

Kann ich gegen meine Bank klagen, wenn ich Verluste gemacht habe?

Natürlich hoffen Anwälte auf viele neue Fälle. "Der Ausgang dieser Verfahren ist völlig offen, weil es bei diesen Fonds noch keine Entscheidung des Bundesgerichtshofes gibt", sagt Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen und warnt vor voreiligen Klagen. Außerdem verjähren Schadenersatzansprüche wegen fahrlässiger Pflichtverletzung bereits drei Jahre nach dem Kauf. "Hat sich der Anleger nach dem Kauf innerhalb der letzten drei Jahre erneut über den Fonds beraten lassen, beginnt die Frist erneut", so der Hamburger Anwalt Peter Hahn. Ansätze für eine Schadenersatzforderung sieht er auch, wenn über die Provisionszahlungen für die Bank beim Kauf nicht richtig aufgeklärt wurde. Dann greift die kurze Verjährungsfrist nicht.