Die Euro-Krise belastet die Geldinstitute. Konjunktursorgen lassen Ifo-Index sinken. Forscher sehen “Warnsignal für deutsche Wirtschaft“.

Frankfurt. Die Euro-Krise lässt die deutsche Wirtschaft nicht länger kalt. Nachdem sich die hiesigen Unternehmen monatelang deutlich besser gehalten hatten als der schwächelnde Rest Europas, nimmt nun die Sorge vor einem Abschwung immer konkretere Formen an. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel im Juni überraschend stark um 1,6 auf 105,3 Punkte. Schlechter war die Stimmung in den Chefetagen zuletzt im März 2010. Der Einkaufsmanagerindex liegt somit auf dem tiefsten Stand seit drei Jahren. Die ZEW-Konjunkturerwartungen von Anlegern und Analysten brachen so stark ein wie seit 1998 nicht mehr. Auch Exporte, Produktion und Industrieaufträge gingen zurück.

+++ Moody's wertet 15 Großbanken ab +++

"Lange Zeit schien die sich wieder verschärfende Staatsschuldenkrise der deutschen Wirtschaft nichts anhaben zu können". sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. "Nun zeigt sich aber mehr und mehr, dass auch Deutschland keine Teflon-Wirtschaft ist." Im ersten Quartal hatte Europas größte Volkswirtschaft noch ein Wachstum von 0,5 Prozent geschafft und damit die gesamte Euro-Zone vor einem Rückfall in die Rezession bewahrt. Nun schätzten die vom Münchener Ifo-Institut befragten 7000 Manager die Lage zwar besser ein als zuletzt, rechnen aber in der zweiten Jahreshälfte mit schlechteren Geschäften. "Die Euro-Krise schlägt jetzt voll durch", warnte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. "Sie steht quasi vor der Haustür." Von einer negativen Trendwende wollen die Münchener Konjunkturforscher zwar noch nicht sprechen - wohl aber von einem "Warnsignal für die deutsche Wirtschaft".

Besonders die exportabhängige Industrie bangt um ihre Geschäfte. Die Unternehmen senkten ihre Exporterwartungen deutlich, weil viele Euro-Länder in der Rezession stecken und andere wichtige Handelspartner wie die USA und China schwächeln. "Sie stellen deshalb Investitionen zurück und warten mit Einstellungen", sagte Wohlrabe. Auch unter Dienstleistern und Großhändlern wächst die Zahl der Pessimisten, während sich die Stimmung in der Baubranche ebenso aufhellte wie im Einzelhandel. Die Händler profitieren von der Fußball-Europameisterschaft, die beispielsweise den Absatz von Fernsehgeräten kräftig ankurbelte.

Einen Absturz in die Rezession befürchten die meisten Experten nicht. "Ich sehe im Moment noch keine Rezession, eher eine Delle im zweiten und dritten Quartal", sagte Wohlrabe. "Das Sicherheitsnetz der deutschen Unternehmen wird löchriger", warnte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. "Für den Zeitraum Juli bis September droht nun ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts." Die Commerzbank-Ökonomen sprechen von einem "schlechten Omen für die deutsche Wirtschaft".

Derweil macht die Euro-Krise und die Schwäche der Weltwirtschaft den Größen der Finanzbranche weiterhin schwer zu schaffen. Die Rating-Agentur Moody's schaut mit Sorge auf die internationalen Großbanken, vor allem aufgrund von kaum kalkulierbaren Risiken auf den Kapitalmärkten. Für insgesamt 15 Institute senkten die Analysten in der Nacht zum Freitag die Bonitätsnoten um ein bis drei Stufen. Auch die Deutsche Bank wurde herabgestuft. Moody's machen vor allem die Kapitalmarktaktivitäten der untersuchten Banken Sorgen. Die Fähigkeit der Institute, diese Risiken mit klassischen Geschäftsfeldern - sozusagen als "Schock-Absorber" - aufzufangen, sei unterschiedlich stark ausgeprägt.

Der Rundumschlag kam aber nicht unerwartet. Moody's hatte bereits im Februar angekündigt, sich die Finanzinstitute weltweit genauer anzuschauen und sich vor einigen Tagen bereits zu Häusern in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg geäußert. Jetzt waren vor allem die Investmentbanken dran. Die schlechteren Ratings können die Refinanzierungskosten weiter nach oben treiben und die Schuldenkrise damit tendenziell noch verschärfen. Allerdings ist Moody's nicht die erste große Agentur, die mit Negativ-Nachrichten aufwartete. An den Börsen war der Ausverkauf bei den Finanztiteln daher nicht so groß wie befürchtet.

Bei der Deutschen Bank wurde das Langfrist-Rating auf A2 von zuvor AA3 gesenkt, das bedeutet immer noch eine gute Kreditqualität. Der Ausblick ist stabil. Das Geldhaus wollte die Entscheidung der Analysten nicht kommentieren. Finanzchef Stefan Krause hatte allerdings schon vor einer Woche Gelassenheit demonstriert. Die Refinanzierung der Deutschen Bank hänge weniger an Ratings, erklärte er. Das Institut profitiert derzeit von seinem Standort - Deutschland gilt mit seinem Top-Rating von AAA als sicherer Hafen, was auch das Vertrauen der Investoren in hiesige Banken stärkt. In Europa waren auch Credit Suisse, UBS, HSBC, Barclays, Royal Bank of Scotland, BNP Paribas, Credit Agricole und Société Générale von Herabstufungen betroffen.

Auch die Postbank ist betroffen. Die Bewertung sei auf A2 von zuvor A1 gesenkt worden, teilte die Agentur am Freitag mit. Der Ausblick sei stabil. Am Donnerstag hatte die Agentur das Langfrist-Rating der Deutschen Bank auf A2 von zuvor AA3 herabgesetzt.

Härter als erwartet traf es die Crédit Suisse, die wegen ihrer Kapitalausstattung schon eine Rüge der Schweizer Notenbank kassiert hatte: Das Institut wurde als einziges drei Stufen schlechter benotet. Mit nunmehr A1 schneidet Crédit Suisse beim Langfrist-Rating aber immer noch besser ab als die meisten anderen Banken. Die UBS findet sich jetzt mit A2 auf einer Stufe mit der Deutschen Bank. Fürs Vermögensverwaltungsgeschäft der Schweizer Großbanken dürfte die Herabstufung aber keine Folgen haben, da reiche Privatkunden bei der Geldanlage laut Analysten nur wenig Alternativen hätten.