Gastronomieketten wachsen immer schneller. Umsatz der größten 100 klettert auf 11,2 Milliarden Euro. Standortsuche ist Herausforderung.

Hamburg. Gregor Gerlach ist nicht zu fassen. Beständig pendelt der Hamburger Unternehmer zwischen seinem Büro an der Wexstraße, der Zentrale seiner Kette Vapiano und den zahlreichen Standorten, an denen noch in diesem Jahr neue Restaurants entstehen sollen. Lausanne, Warschau, Miami und Lyon stehen im Ausland auf dem Plan, Ingolstadt und Wolfsburg im Inland. Insgesamt 31 Vapianos will Gerlach 2012 aufmachen. "Unser kosmopolitisches und modernes Ambiente ist sehr gefragt, sodass wir auch weiterhin sehr gut expandieren können", lässt der Vorstandschef per Mail mitteilen.

Es läuft gut für die in der Hansestadt gegründete Kette, die sich auf frisch zubereitete Pastagerichte in legerer Atmosphäre spezialisiert hat. Seit der Milliardär und einstige Tchibo-Chef Günter Herz im vergangenen Jahr in das Unternehmen einstieg, werden die Restaurants noch mehr als bisher auf internationales Wachstum getrimmt. Allein in Deutschland erhöhte sich der Umsatz 2011 um fast 25 Prozent auf 128,8 Millionen Euro, womit Vapiano zu den wachstumsstärksten Unternehmen der Gastrobranche zählt.

+++ Die größten Systemgastronomen in Deutschland +++

So positiv wie für Vapiano verlief das Geschäft auch für die meisten anderen Restaurantketten in Deutschland. Insgesamt legten die 100 größten Unternehmen der Branche um 5,1 Prozent auf 11,2 Milliarden Euro zu, wie aus einer gestern veröffentlichten Umfrage der Fachzeitschrift "Food Service" hervorgeht. "Die Konsumenten haben sich nicht von der Euro-Angst und Lebensmittelkrisen wie EHEC beirren lassen", sagt Chefredakteurin und Branchenexpertin Gretel Weiß. "Die größten Gastronomen haben eines der besten Jahre seit Langem hinter sich."

Die Fast-Food-Konzerne McDonald's und Burger King konnten dabei souverän ihre Spitzenpositionen verteidigen, die größten Zuwächse kamen allerdings aus dem Catering-Bereich. "Die Firmen haben wieder große Events gebucht und sich die Veranstaltungen auch etwas kosten lassen", sagt Weiß. Zulegen konnten auch die Restaurants mit komplettem Service und Bedienung sowie die Gastronomen in Freizeitparks. Federn lassen musste nur die Handelsgastronomie, was durch die abnehmende Bedeutung von Kaufhäusern wie Karstadt zu erklären ist.

"Die Hamburger Unternehmen haben sich im vergangenen Jahr als besonders wachstumsstark erwiesen", sagt Expertin Weiß. So ging es etwa für die Block-House-Gruppe deutlich bergauf. Die Steakspezialisten erhöhten den Umsatz um fast zehn Prozent auf 125 Millionen Euro. "Wir konnten sowohl die Anzahl der Gäste als auch die Ausgaben pro Gast steigern", sagt Geschäftsführer Stephan von Bülow zufrieden. Dabei sei Block das positive Konsumklima zugutegekommen.

+++ Ex-Tchibo-Miteigner Günter Herz steigt bei Vapiano ein +++

Gerade bereitet Firmengründer und Eigentümer Eugen Block den Einstieg in ein ganz neues Geschäftsfeld vor: Im April wird in den Landungsbrücken mit dem Blockbräu das erste Brauhaus der Gruppe eröffnen. Dort, wo sich früher die Spelunke Pupasch befand, investiert Block mehrere Millionen Euro, um auf knapp 2000 Quadratmetern und über drei Etagen hinweg Bier zu brauen.

Auch die großen Pizzalieferdienste konnten vom Trend zum schnellen Essen profitieren. So durchbrachen die Erlöse von Marktführer Joey's Pizza Service erstmals die 100-Millionen-Euro-Marke. Triebfeder des Wachstums war die Eröffnung von 21 neuen Standorten. Im laufenden Jahr soll die Zahl noch einmal steigen. Neben einem Ausbau des Geschäfts auf dem Heimatmarkt Hamburg will Chef Karsten Freigang vor allem die Hauptstadt Berlin genauer ins Visier nehmen.

Einen gewaltigen Satz nach vorn machte auch die Coffeeshop-Kette Balzac, wobei dies vor allem durch die Fusion mit dem Hamburger Konkurrenten World Coffee zu erklären war. Lediglich die Coffeebars des Tchibo-Konzerns enttäuschten die Erwartung der Experten und fielen trotz eines leichten Umsatzplus um einige Plätze zurück.

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Ganz leise hat sich nun auch die Asiakette Bok unter die größten deutschen Gastroketten geschoben. Mit einem Umsatzplus von 12,5 Prozent auf 18 Millionen Euro konnte sich die Kette exakt auf Rang 100 platzieren. Geschäftsführer Shin-Won Kang ist schon seit Längerem dabei, neben den traditionellen Bok-Restaurants mit thailändischen und japanischen Gerichten eine weitere Kette unter dem Namen Cocos aufzubauen, die sich auf vietnamesische Küche spezialisiert hat. Zu weiteren Plänen lässt sich der verschwiegene Chef allerdings nichts entlocken.

Branchenexpertin Weiß geht davon aus, dass das Wachstum der großen Gastroketten im laufenden Jahr etwas geringer als 2011 ausfallen wird. "Gute Mitarbeiter und vor allem gute Manager sind das Nadelöhr vieler Expansionspläne", sagt sie. Aufgrund ungünstiger Arbeitszeiten und geringer Löhne hätten vielen Firmen Schwierigkeiten, Personal zu finden.

Für Vapiano-Chef Gerlach wird es zunehmend schwieriger, in Deutschland noch optimale Standorte für seine trendigen Restaurants zu finden. "Dies ist unsere größte Herausforderung", sagt er.