EZB-Mitglied Asmussen fordert engere finanzpolitische Zusammenarbeit in Europa

Brüssel. Wegen der immer bedrohlicheren Lage in Griechenland mehren sich die Warnungen vor einem Scheitern des Euro. Der US-Starinvestor George Soros beschwört sogar katastrophale Folgen für die ganze Welt. Sollte die Gemeinschaftswährung zusammenbrechen, wäre dies nicht nur für "Europa katastrophal, sondern auch für das weltweite Finanzsystem", sagte der 81-Jährige der indischen Zeitung "Business Line". Die Euro-Krise sei "ernsthafter und gefährlicher als der Zusammenbruch von 2008", als das Ende der US-Bank Lehman Brothers für die schwerste Krise der Weltwirtschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges sorgte. Soros zählt mit einem Vermögen von 22 Milliarden Dollar zu den zehn reichsten Menschen der Welt.

Die Regierung in Athen steht vor einer entscheidenden Phase: Trotz der stockenden Gespräche über eine Beteiligung der Gläubiger sollen ab Ende kommender Woche die Verhandlungen mit EU und IWF über das nächste Hilfspaket fortgesetzt werden. Griechenland fürchtet ohne die Milliardenspritzen das Aus für seine Euro-Mitgliedschaft.

Auch Jörg Asmussen mahnte in seiner neuen Rolle als EZB-Direktoriumsmitglied die Europäer zur engeren finanzpolitischen Zusammenarbeit. "Wir haben bisher eine vollständig vergemeinschaftete Geldpolitik durch die Währungsunion, aber weiterhin siebzehn unterschiedliche Fiskalpolitiken", sagte der Ex-Finanzstaatssekretär dem SWR-Hörfunk. Es habe sich gezeigt, dass die bisherige Koordinierung über den Stabilitäts- und Wachstumspakt "nicht ausreichend war".

Die Fiskalunion müsse in den EU-Staaten selbst ansetzen. "Wenn die Länder selber nicht ausreichend Maßnahmen ergreifen, hilft es auch nicht, dass die Euro-Zone insgesamt Schritte unternimmt", sagte Asmussen. Notwendig seien sowohl eine "gesunde Haushaltspolitik" als auch Strukturreformen, die mehr Wettbewerbsfähigkeit brächten. Es müsse Schluss damit sein, mehr Geld auszugeben als einzunehmen. Asmussen vertritt seit Jahresbeginn Deutschland im sechsköpfigen EZB-Direktorium, das unter anderem die Sitzungen des EZB-Rats vorbereitet, in denen die Zinsentscheidungen fallen.