Fast jeder Fünfte hat Verträge aufgelöst oder reduziert. Akzeptanz der Riester-Rente sinkt bei Berufsstartern.

Berlin. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat bei den sonst so sparwilligen Deutschen zu einer tiefen Verunsicherung geführt. Fast jeder fünfte Berufstätige (17,4 Prozent) hat private Altersvorsorgeverträge aufgelöst oder reduziert. Betroffen sind vor allem Lebens- und Rentenversicherungen, Aktien, Aktienfonds und Zertifikate, aber auch Sparverträge. Das geht aus der repräsentativen Studie der Postbank zur Altersvorsorge hervor, die zusammen mit dem Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt wurde. Dazu wurden 1806 Personen befragt. Mit 53 Prozent erklären so viele Deutsche wie noch nie seit 2003, dass sie ihre private Altersvorsorge nicht weiter verstärken wollen, obwohl 42 Prozent glauben, dass ihre Rente nicht ausreicht.

Das ist der höchste Wert seit Beginn dieser Befragungen im Jahr 2003. Besonders bei jüngeren Berufstätigen sinkt die Bereitschaft, Geld in die Altersvorsorge zu stecken. Unter den 16- bis 29-Jährigen sind nur noch 13 Prozent bereit, in eine Riester-Rente zu investieren. Vor einem Jahr waren es noch 23 Prozent. "Es besteht die Gefahr, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise zu einer langfristigen Krise der Altersvorsorge in Deutschland wird", sagte Postbank-Vorstand Michael Meyer bei der Vorstellung der Studie in Berlin.

Fast jeder dritte Berufstätige (31 Prozent) gibt an, durch die Finanzkrise Vertrauen in Informationen zur privaten Altersvorsorge verloren zu haben. Nie zuvor seit den Befragungen seit 2003 gaben so viele Berufstätige an, ihre Altersvorsorge nicht mehr verstärken zu wollen. "Dieser Wert springt innerhalb von einem Jahr von 37 auf 41 Prozent", sagte Meyer. Fast jeder dritte Berufstätige (32 Prozent) verfügt über keine private Altersvorsorge. Vor vier Jahren waren es erst 26 Prozent.

"Die Lebensumstände der Menschen mit immer wechselnden Perspektiven vertragen sich nicht mit Verträgen, die mehr als 40 Jahre laufen", sagt Achim Tiffe vom Institut für Finanzdienstleistungen in Hamburg. "Wer auf Kurzarbeit ist, wird nicht seine Altersvorsorge aufstocken und handelt damit auch rational." Der Experte forderte flexiblere Produkte für die Altersvorsorge, die den Menschen die Möglichkeit bieten, auch vor dem Renteneintritt darüber zu verfügen. "Wenn jetzt Verträge aufgelöst werden, dann deutet das vor allem auf eine falsche Beratung hin", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wenn jetzt in Panik Aktienfonds verkauft würden, dann zeige dies, dass über Risiken nicht ausreichend aufgeklärt wurde. "Nur wer solche Verluste aussitzen kann, sollte zu solchen Produkten greifen", sagte Castelló.

Das größte Vertrauen haben die Deutschen noch in die Immobilie. So betrachten 63 Prozent aller Berufstätigen die eigenen vier Wände zur Altersvorsorge als "besonders sicher". "Dabei werden Wertzuwachs und Stabilität überschätzt", sagte Tiffe. Aber auch hier stehen Wunsch und Wirklichkeit im Gegensatz: Nur 39 Prozent der noch nicht im Ruhestand befindlichen Deutschen rechnen damit, im Alter tatsächlich über die eigenen vier Wände verfügen zu können. Dies ist der niedrigste seit 2003 gemessene Wert.