Antwerpen/Hamburg. Es geht um Bruchteile von Millimetern, und es geht um Tausende Euro. Gelassen drückt Rudi Van Oirschot die Zange auf die Drehscheibe. Ssst - der Diamant berührt das beschichtete Metall. Milliarden Jahre alter Kristall wird zu Staub. Im belgischen Antwerpen - dem weltweit wichtigsten Handelsplatz für Diamanten - sitzen Diamantschleifer wie Van Oirschot häufig wochenlang an einem Edelstein. Sie prüfen seine Beschaffenheit, entscheiden sich für Brillant-, Prinzess-, Tropfen- oder Smaragdschliffe. In diesem Jahr können sie in Ruhe schleifen. Denn die Geschäfte laufen schlechter als früher.

Um 25 Prozent sei das Geschäft mit geschliffenen Diamanten in diesem Jahr eingebrochen, gab der örtliche Branchenverband Antwerp World Diamond Center (AWDC) bekannt. Für den Handel mit Rohdiamanten gelten ähnliche Zahlen. "Und dabei sind wir bislang glimpflich davongekommen", sagt AWDC-Direktor Freddy J. Hanard.

Der weltgrößte Diamantenhändler De Beers musste sich Anfang des Monats sogar neues Geld von seinen Anteilseignern holen. Eine Milliarde Dollar seien nötig, um Schulden zu reduzieren. Eine Folge desaströser Zahlen im ersten Halbjahr. Die Produktion sank um 73 Prozent auf 6,6 Millionen Karat. Der Gewinn des südafrikanischen Konzerns brach auf drei Millionen Dollar ein. In den ersten sechs Monaten des Vorjahres lag der Reingewinn noch bei 316 Millionen Dollar. Die Belegschaft wurde um 23 Prozent reduziert, die Kosten sanken um die Hälfte. Das Unternehmen schloss unter anderem mehrere Minen, um auf den Einbruch der Geschäfte mit Diamanten und Schmuck zu reagieren.

Auch beim AWDC habe es Entlassungen gegeben, die Kreditklemme und die Unsicherheit der Kunden seien ein Problem. "Doch wegen der engen Verflechtungen mit dem Weltmarkt hätte es noch schlimmer kommen können." Besonders hart habe es das Lieferantenland Botswana getroffen. Der südafrikanische Staat gehört zu den wichtigsten Diamantenexporteuren - und leidet stark unter der Kaufzurückhaltung. In den ersten drei Quartalen schrumpften die edlen Ausfuhren um 56 Prozent gegenüber dem Vorjahr.