Scheidung, Verlust des Jobs und Erbstreitigkeiten sind Hauptgründe. Hamburg legt gegen den Trend zu.

Hamburg. Während die Finanzkrise in den USA Hunderttausende Hausbesitzer gezwungen hat, ihr Eigentum aufzugeben, weil sie ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten, blieb der Immobilienmarkt in Deutschland bisher vor großen Einschnitten verschont. Die Zahl der Zwangsversteigerungen von Häusern, Eigentumswohnungen und Bürogebäuden ging 2009 gegenüber dem Vorjahr sogar um zwei Prozent zurück. Insgesamt kamen bundesweit 86 617 Objekte unter den Hammer.

Der Verkehrswert lag zusammen bei 15,11 Milliarden Euro und damit 1,8 Prozent unter dem Vorjahreswert, berichtet Winfried Aufterbeck, Geschäftsführer vom Argetra-Verlag, der in dem Bereich alle Termine von deutschen Amtsgerichten erfasst. In Hamburg wurden 714 Objekte für einen Verkehrswert von rund 270 Millionen Euro aufgerufen.

"Glücklicherweise gibt es bisher noch keinen krisenbedingten Anstieg der Zwangsversteigerungen", so Aufterbeck. Die weitere Entwicklung hänge stark vom Arbeitsmarkt ab. "Geht es 2010 mit der Wirtschaft nach oben, werden die Zwangsversteigerungen zurückgehen. Steigt aber die Arbeitslosigkeit, dürften in Deutschland mehr Menschen Probleme bekommen, ihre Eigenheime zu finanzieren."

Traditionell werden in dem bevölkerungsreichen Bundesland Nordrhein-Westfalen die meisten Objekte versteigert, gefolgt von Niedersachsen und Sachsen (siehe Tabelle). Die wenigsten Objekte kamen in Bremen und Hamburg unter den Hammer. Den Zuwachs in Hamburg von plus 18 Prozent bezeichnet Aufterbeck als "Ausreißer": "Hier wurden offenbar mehrere Mietshäuser nicht als ein Objekt versteigert, sondern jede Wohnung einzeln." Denn insgesamt bildet Hamburg bundesweit seit Jahren das Schlusslicht bei Zwangsversteigerungen, gemessen an der Bevölkerung. Auf 100 000 Einwohner kommen in Hamburg nur 40 Versteigerungen, gefolgt von Baden-Württemberg (55) und Bayern (63). Die meisten Immobilien je Einwohner werden wiederum in Ostdeutschland zwangsversteigert - und zwar in Sachsen (218), Sachsen-Anhalt (207) und Brandenburg (176). Gleichzeitig liegt der Verkehrswert der Immobilien in Hamburg mit 378 300 Euro am höchsten, gefolgt von Berlin mit 317 955 Euro und Bayern (225 144 Euro).

Einen positiven Trend verzeichnete Berlin, wo die Versteigerungstermine um 16,6 Prozent auf 2281 Objekte sanken. Aufterbeck führt dies auf die stark gestiegene Immobiliennachfrage in der Hauptstadt zurück, wo deutlich mehr Objekte auf dem freien Markt ihre Käufer finden.

Die Gründe für Zwangsversteigerungen sind häufig traurige Ereignisse. "Oft sind sie Folge von Scheidungen, Jobverlust oder Erbschaftsstreitigkeiten", so Aufterbeck. Unter den Hammer kommen zu je einem Drittel Eigentumswohnungen, Eigenheime sowie Gewerbehäuser.

Die Käufer machen oft keine schlechten Geschäfte, so Aufterbeck. So wechselte dieses Jahr zum Beispiel eine 39 Quadratmeter-Wohnung in der Hamburger City für rund 59 000 Euro den Besitzer, ein 150 Quadratmeter großes Einfamilienhaus kam für 165 000 Euro aus der Auktion.