Dubai. Das ölreiche Emirat Abu Dhabi hat seinen hoch verschuldeten Nachbarn Dubai überraschend mit zehn Milliarden Dollar in letzter Sekunde vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt. Finanzmärkte in aller Welt reagierten erleichtert: Die Börse in Dubai schoss gestern um mehr als zehn Prozent nach oben. Auch der DAX und die Aktienmärkte in New York verbuchten Gewinne.

Mit dem Geld konnte der staatliche Bauherr der berühmten Palmeninsel, Dubai World, gestern fällige Kredite begleichen und hat nun eine Atempause bis April. Gelöst ist die Schuldenkrise damit aber noch lange nicht, denn das Glitzeremirat schuldet seinen Gläubigern Dutzende Milliarden Dollar. So muss Dubai World seine Kreditgeber, darunter HSBC, Lloyds, Royal Bank of Scotland und Standard Chartered, weiter von einem Stillhalteabkommen überzeugen, um seinen riesigen Schuldenberg umstrukturieren zu können.

Dubai World hatte Ende November um einen sechsmonatigen Zahlungsaufschub für insgesamt 26 Milliarden Dollar Schulden gebeten und damit an den Märkten weltweit Furcht vor einer zweiten Welle der Finanzkrise ausgelöst. Dubai, das selbst kaum über Öl verfügt, hat in den vergangenen Jahren mit zahlreichen spektakulären Bauprojekten Investoren angelockt, dabei aber auch einen riesigen Schuldenberg angehäuft. Von den insgesamt drei künstlichen Inseln in Palmenform ist bislang nur eine fertiggestellt. Zu weiteren Projekten gehört das Hotel Burj al-Arab in Form eines Segels.

Die Geldspritze durch Abu Dhabi markierte eine Abkehr vom bisherigen Umgang mit der Krise in der Region. So hatte Dubai vorigen Monat erklärt, nicht für die Schulden von Dubai World geradestehen zu wollen. Das konservative Abu Dhabi wiederum hatte keine Anzeichen geliefert, seinem Nachbarn unter die Arme greifen zu wollen, der mit seinen prunkvoll anmutenden Häuserfassaden und den Megabauprojekten alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.

Finanzexperten zeigten sich überrascht von dem Volumen der Geldspritze. "Das ist viel mehr als erwartet. Es ist eine kritische und lebenswichtige Rettungsleine", sagte Chefvolkswirt John Sfakianakis von der Banque Saudi Fransi-Credit Agricole in der saudischen Hauptstadt Riad. "Das sollte viel Vertrauen zurückbringen - Abu Dhabi zahlt die Rechnung." Gleichzeitig warnten die Experten jedoch, dass hiermit nur ein erster Schritt zur Lösung der Schuldenkrise unternommen wurde. "In den nächsten zwei Jahren werden 35 Milliarden Dollar in Anleihen und Krediten fällig", erklärte Saud Masud von der Großbank UBS. "Die große Frage ist: Wie schaffen sie den nächsten Schritt?"

4,1 Milliarden Dollar der Geldspritze fließen nun zur Begleichung einer islamischen Anleihe, die gestern fällig wurde.