München. Im Streit um millionenschwere Schadenersatzforderungen hat sich Siemens überraschend mit dem ehemaligen Konzernchef Heinrich von Pierer geeinigt. Pierer sei bereit, wegen des Schmiergeldskandals fünf Millionen Euro zu zahlen, berichten die "Süddeutsche Zeitung" und das "Handelsblatt". Damit wäre eine Klage gegen Pierer vom Tisch.

Siemens ringt seit fast eineinhalb Jahren mit dem früheren Topmanagement um Schadenersatzzahlungen wegen des milliardenschweren Schmiergeldskandals. Ursprünglich lagen die Forderungen zwischen 500 000 und sechs Millionen Euro. Pierer zahlt nun mit fünf Millionen Euro die höchste Summe. Sein Anwalt Winfried Seibert lehnte eine Stellungnahme ab, "solange das Ding nicht vom Eis ist". Das Unternehmen äußerte sich unter Hinweis auf die heutige Aufsichtsratssitzung nicht.

Die Mehrzahl der betroffenen Manager hat nach Angaben aus Unternehmenskreisen bereits Zahlungen zugesagt. Pierers Nachfolger Klaus Kleinfeld - heute Chef des US-Konzerns Alcoa - wird demnach zwei Millionen Euro zahlen. Mit den drei Ex-Vorständen Klaus Wucherer, Rudi Lamprecht und Edward Krubasik hatte man sich Ende August auf die Zahlung von 500 000 Euro geeinigt.

Das Unternehmen hatte Pierer vorgeworfen, die Geschäfte von Siemens nicht genau genug überwacht und so das System aus schwarzen Kassen und fingierten Beraterverträgen ermöglicht zu haben. Darüber sollen 1,3 Milliarden Euro an Schmiergeldzahlungen geflossen sein. Das Geld soll Regierungsmitarbeitern verschiedener Länder gezahlt worden sein, die den Münchner Konzern dafür bei der Vergabe von Aufträgen für U-Bahnen und Mobilfunksystemen bevorzugten.

Ex-Konzernchef Pierer wies die Vorwürfe stets zurück und weigerte sich zu zahlen. Deshalb schien eine Schadenersatzklage zuletzt unabwendbar. Sollte nun die Einigung zustande kommen, hat Siemens einen weiteren Schritt zur Bewältigung des größten Schmiergeldskandals der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte gemacht. Für Aufarbeitung, Strafen und Steuernachzahlungen gab das Unternehmen gut 2,5 Milliarden Euro aus. Finanziell und strafrechtlich ist die Affäre für Siemens damit weitgehend abgehakt.