Die deutschen Standorte sind gesichert - dafür erwartet die Opel-Mutter General Motors aber Zugeständnisse der Arbeitnehmer. Auch beim Lohn.

Hamburg/Rüsselsheim. Als Nick Reilly vor knapp zehn Jahren Massenentlassungen bei General Motors (GM) im britischen Luton verkündete, verhöhnte ihn die Menge der aufgebrachten Mitarbeiter mit "Judas"-Rufen. Als er den bankrotten koreanischen Autobauer Daewoo für GM fitmachen sollte, schlug ihm der Hass der dortigen kampferprobten Gewerkschaften entgegen. Doch Reilly zog die Sparpläne durch und gehört seitdem neben GM-Chef Fritz Henderson zu den einflussreichsten Männern im Konzern.



Gestern bei Opel zeigte der Sanierungsexperte erneut eine harte Hand. Der 59-Jährige garantierte zwar den Erhalt aller deutschen Standorte. Aber zugleich will er bei der deutschen Tochter mehr Stellen streichen als es etwa der Plan von Opel-Wunschpartner Magna vorsah. "Rund 50 bis 60 Prozent der geplanten Kürzungen betreffen Deutschland", sagte Reilly. Damit ist allein in Deutschland jeder fünfte Arbeitsplatz bei Opel bedroht. Im Einzelnen sieht der Unternehmensplan von GM vor, in Rüsselsheim knapp 2500 Stellen abzubauen, in Bochum etwa 1800 und in Eisenach und Kaiserslautern jeweils 300, das wären bundesweit rund 5000 Stellen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) können je nach Kalkulationsbasis noch weitere hinzukommen.

Und trotz des umfangreichen Stellenabbaus rechnet Reilly weiter mit Subventionen: GM sei zuversichtlich, Unterstützung von den Regierungen der Staaten mit Opel- und Vauxhall-Standorten zu erhalten, sagte er. Damit deutet alles auf einen neuerlichen Wettstreit um Staatshilfen für den Erhalt von Arbeitsplätzen hin. Möglicherweise spielt GM mit den gestern präsentierten Plänen die EU-Länder bereits bewusst gegeneinander aus: "Die wollen aus Deutschland Produktionsvolumina nach England abziehen, um dort Staatsgelder zu bekommen", kritisierte eine mit den Plänen vertraute Person. Damit solle Deutschland, das sich bisher in Sachen Staatshilfen für die Sanierung sehr zurückhaltend geäußert hat, erpresst werden.

Nach Reillys Worten ist auch die Zukunft des Astra-Werkes in Antwerpen nach wie vor unsicher. Mehrfach war zuvor von Schließung die Rede. Eine Arbeitsgruppe solle verschiedene Möglichkeiten für den Standort ausloten. Neben Deutschland soll Belgien mit einem Abbau von mehr als 2000 Arbeitsplätzen die größte Last schultern. Insgesamt solle die Kapazität der europäischen GM-Tochter um etwa 20 Prozent heruntergefahren werden, sagte Reilly. Allerdings fällt der Stellenabbau in Europa mit insgesamt 9000 Jobs bei Opel und Vauxhall glimpflicher aus als befürchtet. Magna wollte europaweit rund 10 500 Jobs streichen.

In Deutschland zeichnen sich nun harte Verhandlungen um die Zugeständnisse der Opel-Mitarbeiter ab. Opel-Betriebsratschef Klaus Franz kündigte nach dem Treffen mit Reilly an, der Gesamtbetriebsrat werde künftig nur noch über Anwälte mit GM kommunizieren. Er warf dem US-Konzern eine Verletzung seiner Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat vor. "Wir haben jetzt einen Geschmack davon bekommen, wie es in Zukunft weitergeht", sagte Franz. GM fordere die Zugeständnisse in Höhe von jährlich 265 Millionen Euro, die die Belegschaft dem Opel-Interessenten Magna einst zugesagt hatte. Der US-Konzern wolle "aber nicht im Ansatz die gleichen Zusagen" wie Magna machen. Nach den Worten des Betriebsrates fordert die Belegschaft unter anderem eine Gewinnbeteiligung von zehn Prozent und eine Ausweitung der Mitbestimmung.

Reilly erwartet allerdings, dass die Arbeitnehmervertreter zu einem schnellen Entgegenkommen bereit sind. Bis Mitte Dezember sollten die Gespräche über den Beitrag der Arbeitnehmer abgeschlossen sein, forderte der Brite, der in Cambridge studierte und seine Karriere als Finanzanalyst begann.

Es dürften schwierige Wochen für die Verhandlungspartner werden. Allerdings soll Reilly in solchen Konflikten einiges an Fingerspitzengefühl mitbringen. Nach Branchenangaben gelang es ihm auch damals bei der Sanierung von Daewoo, ein gutes Verhältnis zu den koreanischen Gewerkschaften zu bewahren.