Wenn staatliche Programme auslaufen, könnte es in Deutschland 2010 kurzzeitig abwärts gehen. Hoffnung für Hamburg.

Hamburg. So ermunternd waren die Signale aus der deutschen Wirtschaft schon lange nicht mehr: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist vom zweiten zum dritten Quartal um 0,7 Prozent gewachsen und der Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo-Instituts im achten Monat in Folge geklettert - zuletzt sogar überraschend kräftig auf sein Niveau vor Ausbruch der Wirtschaftskrise.

Ist der Aufschwung nun sicher? Was bedeutet das für den Arbeitsmarkt? Und wie kräftig zieht Hamburgs Wirtschaft wieder an? Das Abendblatt befragte Experten.

Was steckt hinter den guten Wachstumszahlen?

Gestützt wurde das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal von den Bauinvestitionen, die um 1,5 Prozent gegenüber dem vorherigen Dreimonatszeitraum anzogen. Hier zeigen sich klar die Auswirkungen des staatlichen Konjunkturprogramms.

Positive Impulse kamen auch von den Exporten. Sie legten um 4,9 Prozent zu. Hierbei gilt es aber zu berücksichtigen, dass auch in den meisten anderen Ländern die Regierungen Geld in die Wirtschaft pumpten, was die Nachfrage nach deutschen Exportgütern beflügelte.

"Wenn der Staat nicht eingegriffen hätte, wären wir immer noch im Konjunkturtal und vielleicht ginge es sogar noch weiter abwärts", sagte Kai Carstensen, Konjunkturchef des Ifo-Instituts, dem Abendblatt.

Als Wachstumshemmnis erwies sich dagegen der Konsum: Die Ausgaben der privaten Haushalte gingen um 0,9 Prozent zurück.


Wann sind die Einbrüche der Wirtschaft wieder aufgeholt?

Die positiven Wachstumszahlen im Vergleich zum jeweiligen Vorquartal dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Krise sich immer noch deutlich zeigt, wenn man das BIP dem des Vorjahresquartals gegenüberstellt - dann ergibt sich für den Zeitraum von Juli bis September ein Minus von 4,7 Prozent.

Wichtiger sei angesichts der "historischen Ausnahmesituation" aber der Blick auf das in Euro gemessene Niveau des Bruttoinlandsprodukts, meint Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank: "Und hier ist die Botschaft trotz aller Erleichterung über das Ende der Rezession ernüchternd." Denn selbst wenn die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal gegenüber dem dritten abermals kräftig wachse, sei erst rund ein Viertel der früheren dramatischen Einbrüche wettgemacht.

Wie stark wird die Zahl der Arbeitslosen noch steigen?

Aus dem eben genannten Grund dürfte die Zahl der Arbeitslosen - im Oktober waren es 3,2 Millionen - trotz des Erholungskurses zunehmen. "Wenn sich die Auftragseingänge weiter so verbessern wie zuletzt, dann könnte der Höhepunkt der Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr bei rund 4,2 Millionen, vielleicht sogar knapp unterhalb der Marke von vier Millionen, erreicht werden", sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), dem Abendblatt.

Wie geht es mit der Konjunktur nun weiter?

"Wegen des Auslaufens vieler Konjunkturprogramme muss damit gerechnet werden, dass wir beim BIP im ersten Quartal 2010 zunächst wieder ins Minus rutschen", sagte Jörg Hinze, Volkswirt beim Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). "Das würden wir aber nicht als Rückschlag auf dem Erholungspfad ansehen." Für das gesamte nächste Jahr rechnet IW-Direktor Hüther mit einem Wachstum in Deutschland von 1,5 Prozent nach einem Minus von 4,5 Prozent 2009.

Wie stark profitiert Hamburg von der Erholung?

"Weil sich der Welthandel wieder belebt, wird Hamburgs Wirtschaft überproportional profitieren", sagte Hinze. "Aber der Hafen hat zuletzt auch besonders stark gelitten." So gleiche dort selbst ein Umsatzplus von zehn bis 15 Prozent das Minus von 25 Prozent in diesem Jahr nicht aus.