Mehr als 100 Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz. Für das Haus in Hamburg-Osdorf gebe es keine wirtschaftliche Perspektive, heißt es.

Hamburg/Essen. Schock für die mehr als 100 Mitarbeiter des Karstadt-Hauses im Elbe-Einkaufszentrum (EEZ) in Osdorf: Bei einer Betriebsversammlung gestern Abend erfuhren sie, dass ihre Filiale im Laufe der ersten drei Monate des nächsten Jahres geschlossen wird. Das gab ein Beauftragter von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg bekannt, der das Insolvenzverfahren über die Karstadt-Muttergesellschaft Arcandor abwickelt. "Wir sind betroffen, entsetzt und unendlich traurig", sagte ein Mitglied des Betriebsrats dem Abendblatt.

Die Filiale im EEZ gehört zu den 17 Karstadt-Häusern, die Görg im Zuge der Sanierung schließen will, weil es für sie aus seiner Sicht keine wirtschaftliche Perspektive gibt. Das Karstadt-Haus im EEZ hatte zuletzt Umsatzeinbußen, weil nach der Arcandor-Insolvenz zuvor geplante Investitionen ins Stocken gerieten. Ein Teil der Verkaufsfläche glich deshalb einer Baustelle. Nach Informationen des Abendblatts gab es in der Filiale einen Investitionsstau von gut fünf Millionen Euro.

Bereits im Juni 2008 hatte das Haus kurz vor der Schließung gestanden, der Mietvertrag sollte nicht verlängert werden. Nachdem sich bei einer Unterschriftensammlung mehr als 30 000 Kunden für den Erhalt eingesetzt hatten, wurde zwar mit dem Umbau begonnen, doch wegen der Arcandor-Insolvenz wurde er nicht beendet.

"Wir haben eineinhalb Jahre um diese Filiale gekämpft, jetzt haben wir verloren", sagte Filialleiterin Ulrike Schalkowski dem Abendblatt. Sie will den mehr als 100 Beschäftigten jetzt bei der Jobsuche helfen. "Im EEZ werden 50 neue Läden eröffnet. Vielleicht finden unsere Mitarbeiter dort einen neuen Arbeitsplatz."

Unterdessen können sich beim bislang größten deutschen Insolvenzverfahren die Arcandor-Gläubiger kaum Hoffnung auf eine Rückzahlung ihrer Milliardenforderungen machen. Es sei nur mit einer Begleichung "im Promillebereich" zu rechnen, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters gestern in Essen. Bei einer Forderung von zehn Euro könne ein Gläubiger somit nur mit einer Rückzahlung zwischen einem und neun Cent rechnen.

Bei den insgesamt 37 Insolvenzverfahren für die Obergesellschaft Arcandor und ihre Töchter, darunter Karstadt und Quelle, haben bis zu 50 000 Gläubiger Forderungen von mehr als 19 Milliarden Euro angemeldet. Mit Abstand wichtigster Gläubiger der Obergesellschaft Arcandor ist das Finanzamt, auf das etwa die Hälfte der Forderungen entfallen. Ohne Gegenstimme besiegelte gestern in der Essener Grugahalle die Gläubigerversammlung für die Obergesellschaft die Abwicklung der Arcandor AG - und leitete das Ende eines Stücks deutscher Wirtschaftsgeschichte ein.

Der komplizierte Fall stelle alle bisherigen Insolvenzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik in den Schatten, sagte ein Sprecher des Essener Amtsgerichts. Vier Amtsrichter und sechs Rechtspfleger seien mit den 37 Verfahren beschäftigt. Es wird mit einer Verfahrensdauer von bis zu zehn Jahren gerechnet.

Die Holding Arcandor und ihre wichtigsten Töchter hatten am9. Juni Insolvenz angemeldet.

Höhepunkt dieser Woche dürfte heute die Karstadt-Gläubigerversammlung werden, bei der es auch um das Schicksal der derzeit 126 Waren- und Sporthäuser sowie von 28 000 Beschäftigten geht. Für die Mitarbeiter der Karstadt-Filiale im EEZ ist dieser Termin nicht mehr wichtig. Sie kennen ihr Schicksal schon.