Rewe wagt Pilotversuch. Auch bei Netto und Plus kann man länger einkaufen. Fachgeschäfte hinken hinterher, Tankstellen sind die Verlierer.

Hamburg. Die Discounter versuchen nicht nur mit einer wohl einzigartigen Preisschlacht, sondern auch über immer längere Öffnungszeiten Kunden anzulocken. So hat die Hamburger Edeka-Gruppe als sie die 2300 Plus-Märkte von Tengelmann übernahm, nicht nur deren Namen geändert. In den auf das Netto-Konzept umgestellten Läden können die Kunden nun zwei Stunden länger bis 22 Uhr einkaufen. Und das ab sieben Uhr morgens. "Wir wollen uns abgesehen von Preis und Größe des Sortiments auch mit Zusatzservices abheben", sagt Edeka-Sprecherin Christina Stylianou dem Abendblatt. Auch bei der Rewe-Gruppe, zu der Penny gehört, schließen etwa 2800 der bundesweit 5700 Märkte später als 20 Uhr. "Der Großteil lockt die Kunden bis 22 Uhr an", sagt Rewe-Sprecher Andreas Krämer.

"Trotz der Zuschläge für die Beschäftigten am Abend und der zusätzlichen Kosten für Beleuchtung oder auch Heizung lohnt sich die längere Öffnung finanziell", sagt Krämer. Gerade in Hamburg, wo die Firmengruppe die meisten der 52 Rewe- und 89 Penny-Discounter bis 22 Uhr offen hält. Dazu läuft in sieben Hamburger Rewe-Märkten ein Versuch mit Öffnungszeiten bis 23 Uhr. "Noch gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, wie die Kunden dies annehmen", sagt Krämer. Der Versuch soll bis Anfang 2010 fortgesetzt werden.

Rewe profitiert in Hamburg von einer im Vergleich mit den anderen Bundesländern sehr weitgehenden Liberalisierung der Öffnungszeiten. Seit Anfang 2007, als der Ladenschluss in die Länderhoheit überging, dürfen die Geschäfte in Hamburg von Montag bis Sonnabend 24 Stunden lang geöffnet haben. Darüber hinaus können die Läden nach Genehmigung durch die Bezirksämter an vier Sonntagen im Jahr jeweils für fünf Stunden die Türen aufsperren.

Zwar halten Aldi und Lidl zumeist noch an der Schließung um 20 Uhr fest. Doch klar ist: Für Berufstätige, die abends länger im Betrieb sind, bringen längere Öffnungszeiten Vorteile. "So wollen etwa in der City Nord Arbeitnehmer oft noch nach Büroschluss einkaufen", sagt Edeka-Sprecherin Stylianou. Jüngere Menschen bis 35 Jahre gehen nach dem Einkauf in der Stadt oft noch "auf die Piste", so der Sprecher des Hamburger Einzelhandelsverbands, Ulf Kalkmann. "Sie leben nach einem ganz neuen Rhythmus."

Verlierer dieser Entwicklung sind neben den klassischen Supermärkten, die nach 20 Uhr geschlossen haben, auch Tankstellen, auf die viele Kunden bisher wegen des Ladenschlusses ausweichen mussten. Dabei sind Bier und Pizza für den Abend beim Discounter deutlich günstiger zu haben.

Doch abgesehen vom Lebensmitteleinzelhandel hat die Branche sich noch nicht auf die neuen gesetzlichen Freiheiten bei den Öffnungszeiten eingelassen. "Vielmehr gab es nach der Neuregelung bundesweit rasch Ernüchterung", sagt Nicolaus Sondermann vom Institut für Handelsforschung an der Universität Köln. So schließen in den meisten Zentren der Großstädte Fachgeschäfte und Kaufhäuser um 20 Uhr ihre Türen. In der Hamburger City kann man wenigstens am Donnerstag, Freitag und Sonnabend zumeist noch bis 21 Uhr einkaufen. In den Stadtteilen machen die Geschäfte dagegen häufig um 18.30 oder 19 Uhr zu.

"Dauerhaft verlängerte Öffnungszeiten nehmen die Kunden nicht an", sagt Robert Heinemann, Sprecher von ECE, dem europäischen Marktführer im Management von Shoppingcentern. Kernöffnungszeiten für die sieben ECE-Einkaufszentren in Hamburg sowie das Herold-Center in Norderstedt sind von morgens um zehn bis abends 20 Uhr. Immerhin wird die größere Freiheit infolge der neuen Gesetzeslage aber für Mitternachtsshoppen bis 24 Uhr oder auch Aktionen bei Modeschauen und Jazz-Festivals genutzt.