Hamburger Außenhändler reagieren gelassen. Die sieben wichtigsten Fragen zum Höhenflug werden im Abendblatt beantwortet.

Hamburg. In seinen ersten Lebensjahren wurde der Euro oft als "Schwächling" verhöhnt. Doch die Zeiten niedriger Wechselkurse sind Vergangenheit. Die Europäische Gemeinschaftswährung hat sich in der internationalen Finanzwelt einen festen Platz erobert - und behauptet sich auch in der aktuellen Wirtschaftskrise bei Investoren als wichtiger Anker. Der Kurs des Euro kletterte am Freitag mit 1,5060 Dollar auf ein neues Jahreshoch. Damit liegt die Gemeinschaftswährung nur noch zehn Cent unter ihrem bisherigen Höchststand von 1,6038 Dollar im Juli des Vorjahres. Zu den Auswirkungen des Kurses beantwortet das Abendblatt wichtige Fragen.

Warum ist der Euro so stark?

Die Stärke des Euro ist nach Einschätzung vieler Experten vor allem eine Folge des schwachen Dollar. Die Supermacht Amerika gilt durch die Wirtschaftskrise als angeschlagen. Die Schulden in den USA explodieren, das Haushaltsdefizit ist doppelt so hoch wie in den Euro-Ländern. Händler sorgen sich über Inflationsrisiken. Zudem hält die US-Notenbank die Leitzinsen bei nahezu null Prozent auf einem historischen Tief, während die Europäische Zentralbank mit einem Zinssatz von 1,25 Prozent lockt und damit für Investoren attraktiver ist. Spekulanten nehmen zudem günstige Kredite in den USA auf, um das Geld in anderen Ländern zu investieren, was den Dollar weiter schwächt. Zudem trauen Anleger den Euro-Ländern offenbar zu, schneller aus der Krise zu kommen als die USA. Dies alles fördert das Vertrauen in den Euro und stärkt den Kurs.

Wird der Euro weiter steigen?

Wechselkurse unterliegen vielen Einflüssen, eine Prognose ist schwierig. "Der Trend für den Euro-Kurs geht nach oben", sagt Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Hamburger Sparkasse (Haspa). Ein weiterer Anstieg auf 1,54 Dollar je Euro sei durchaus denkbar. Ein Niveau von 1,55 Dollar sieht auch der Devisenexperte der DekaBank, Christian Melzer. Der Trend könnte umschlagen, sobald die Wachstumssignale aus den USA wieder deutlich positiver ausfallen.

Wem nützt ein starker Euro?

Profiteure des hohen Euro-Kurses sind die Verbraucher. Waren aus Dollar-Ländern können günstiger importiert werden. Beispiel: Öl. Obwohl der Ölpreis am Weltmarkt seit Jahresbeginn deutlich steigt, blieben die Benzin- und Heizölpreise in Deutschland vergleichsweise stabil. Der Euro-Wechselkurs hat die Ölpreisverteuerung durch seine Aufwertung deutlich abgeschwächt. Billiger werden auch Importe aus China, da die chinesische Währung an den Dollar gekoppelt ist und sich ebenfalls im Sinkflug befindet. Dies hat hierzulande zu stabilen Preisen beigetragen und damit zu einer niedrigen Inflationsrate. Auch Hersteller und Importeure profitieren, da sie Waren aus dem Dollar-Raum günstiger einführen, was ihre die Produktionskosten senkt.

Wer sind die Verlierer?

Der hohe Euro-Kurs belastet vor allem die exportorientierte Industrie. Wer in Deutschland herstellt und im Dollar-Raum verkauft, zahlt hier hohe Produktionskosten in Euro, verkauft die Waren aber zum günstigen Dollar. Dabei sinken entweder die Gewinnmargen oder die Preise müssen angehoben werden, was die Produkte verteuert und unattraktiver macht. Allerdings trifft die Aufwertung deutsche Unternehmen nicht mehr so stark wie zu D-Mark-Zeiten, da knapp zwei Drittel der Exporte heute in Euro-Ländern verkauft werden und damit wechselkursunabhängig sind. Noch reagiert der Bundesverband für den Deutschen Groß- und Außenhandel ohne Panik: Der Höhenflug sei "nicht existenzgefährdend". Viele Firmen sichern sich zudem gegen Währungsschwankungen ab.

Leidet Hamburg besonders?

Der Hamburger Exporthandel reagiert bislang recht gelassen auf die Dollar-Schwäche. "Sie war und ist absehbar und erwischt keinen erfahrenen Außenhändler kalt", sagt der Vorstandssprecher des norddeutschen Unternehmensverbands AGA, Volker Tschirch. Bei vielen Produkten handele es sich um dringend benötigte Ersatzteile, die auch bei wechselkursbedingten Preissteigerungen nachgefragt werden. Da viele Außenhändler sowohl im Export- als auch im Importhandel tätig sind, könnten sie dadurch Wechselkursschwankungen relativ gut auffangen.

Belastet der Kurs die Konjunktur?

"Der hohe Wechselkurs wird die erwartete Erholung der deutschen Wirtschaft verlangsamen, aber nicht abwürgen", prognostiziert der Konjunkturexperte Henning Vöpel vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). Insbesondere die sinkenden Exporte belasten den Aufschwung und führen zu einem geringeren Anstieg des Bruttoinlandsprodukts, sagte der Währungsexperte vom Kieler Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW), Harmen Lehment.

Wird Urlaub jetzt billiger?

Wer in Dollar-Ländern seinen Urlaub verbringt, reist günstiger: In den USA, aber auch Großbritannien oder China bekommen Europäer deutlich mehr für ihr Geld, können vor Ort günstiger wohnen und konsumieren.