SPD, Grünen und Linken planen Schließung des defizitären Airports. 260 Stellen betroffen. Weicht Hauptkunde Ryanair nach Bremen aus?

Lübeck/Hamburg. Der Lübecker Flughafen Blankensee steht vor dem Aus. Die Rathausmehrheit aus SPD, Grünen und Linken wollen keinen Cent mehr als nötig in den defizitären Airport stecken. Deshalb soll die Aufhebung der Betriebspflicht des Flughafens beantragt werden. Die Betriebspflicht regelt die Öffnungszeiten eines Verkehrsflughafens für startende und landende Maschinen. Lübeck ist auch Ausweichflughafen für Hamburg.

Hintergrund für die Schließungspläne ist, dass der Airport-Mehrheitseigner Infratil am 23. Oktober endgültig aus dem Flughafen aussteigt. Dann muss die ohnehin von einem Rekorddefizit gebeutelte Hansestadt 25,9 Millionen Euro an den neuseeländischen Investor zurückzahlen, und der Airport festigt seinen Ruf als Geldverbrennungsmaschinerie. Denn die jetzt fälligen 25,9 Millionen Euro summieren sich aus dem Preis, den Infratil 2005 für seinen 90-Prozent-Anteil am Flughafen bezahlt hat, den Kosten der von den Neuseeländern getätigten Investitionen und den bis zum heutigen Tag aufgelaufenen Verlusten. Die Erstattung dieser Summe hatte sich Infratil von den Lübeckern vertraglich zusichern lassen. Ein neuer Investor steht auch nach monatelanger Suche nicht parat. Gespräche werden unter anderem noch mit dem Flughafen Weeze am Niederrhein geführt. "Mit den Schließungsplänen werden potenzielle Interessenten vergrault", sagte der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Andreas Zander.

Die Schließung könnte ab Mai 2010 erfolgen. Dann läuft der Vertrag mit dem Hauptkunden, der irischen Fluggesellschaft Ryanair, aus. Außerdem bietet die Fluggesellschaft Wizzair noch Flüge nach Danzig an. "Ryanair könnte die Flüge von Lübeck nach Bremen verlagern, von wo die Gesellschaft bereits ebenfalls einige Strecken betreibt", sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. Ryanair war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen. "Die Passagiere würden diesen Wechsel sicher mitmachen. Die Zubringerbusse können dann von Hamburg nach Bremen statt nach Lübeck fahren." Nach Hamburg oder Hannover werde die Billig-Airline aufgrund der Gebühren nicht ausweichen, so der Experte. Außerdem bietet Ryanair-Konkurrent EasyJet ab 2. Februar 2010 von Hamburg eine Verbindung nach London an.

Die gerade geschmiedete Regierungskoalition des Landes will für den einzigen internationalen Flughafen Schleswig-Holsteins keinen Cent mehr ausgeben. Seit Jahren rechnen Flughafengegner den Befürwortern vor, dass Blankensee in den roten Zahlen verharrt, weil es am Billigfliegerkonzept festhält. So hat die Flughafen Lübeck Gesellschaft (FLG) im Geschäftsjahr 2007/2008 pro Passagier 5,97 Euro eingenommen. Hauptkunde Ryanair zahlte davon nur 1,35 Euro pro Fluggast. Der Rest bestand aus Parkgebühren sowie Mieteinnahmen von Läden und Gastronomiebetrieben. Der Betrieb des Flughafens kostete aber 9,97 Euro pro Passagier. Zur bloßen Kostendeckung fehlten bei knapp 600.000 Passagieren also schon etwa 2,4 Millionen Euro. Die lärmgeplagten Flughafengegner aus der benachbarten Gemeinde Groß Grönau kamen in einem Wirtschaftsgutachten zu dem Ergebnis, dass vier Millionen Passagiere pro Jahr erforderlich sind, um gewinnbringend zu arbeiten.

Anders als seine SPD-Kollegen setzt Bürgermeister Bernd Saxe auf "Zwischenlösungen". Er will investieren, damit der Betrieb für einen Investor attraktiv wird. Auch Wirtschaftssenator Wolfgang Halbedel (CDU) warnt, dass Steuergeld mit dem Ende der Betriebspflicht erst recht verbrannt würde: Bis zu zwei Jahre dauere deren Abwicklung, bis dahin würden 4,6 Millionen Euro Defizit pro Jahr anfallen - und ein Sozialplan über zwei Millionen Euro. 260 Personen sind in Blankensee beschäftigt. Am 29. Oktober soll die Bürgerschaft sowohl über den rot-grünen Abwicklungs- als auch über Saxes Ausbauantrag entscheiden.

Der Hamburger Flughafen mit 13 Millionen Passagieren erwartet bei einer Schließung des Lübecker Flughafens kein großes zusätzliches Passagieraufkommen. "Bereits jetzt kommen ein Drittel unserer Passagiere aus Schleswig-Holstein", sagt eine Flughafensprecherin. "Uns ist jede Fluggesellschaft willkommen, aber wir subventionieren nicht."