ThyssenKrupp verkauft große Teile der Hamburger Traditionswerft. Abu Dhabi Mar Group übernimmt 80 Prozent. Araber sollen neue Aufträge bringen. Stahlkonzern steigt aus zivilem Schiffbau aus.

Hamburg. Die neue Zeit für Blohm + Voss begann gestern gegen zwölf Uhr mittags. Da informierte der Konzern die Betriebsratsvorsitzenden der drei Hamburger Unternehmen, die Arbeitnehmervertreter der Schwesterwerften in Kiel und Emden sowie die IG Metall. Eine Stunde später war die Presse geladen. Ihr präsentierte ThyssenKrupp-Vorstand Olaf Berlien die zunächst mit einer Absichtserklärung abgesicherte Zukunft von Blohm + Voss. Vorgesehen ist eine weitgehende Zusammenarbeit mit der Abu Dhabi Mar Group, die auch schon 90 Prozent der Nobiskrug Werft in Rendsburg übernommen hat.

Der Hamburger Schiffsneubau, die Reparatur und der Maschinenbau werden zu 80 Prozent von den Arabern übernommen. In diesem zivilen, "weißen" Bereich werden künftig 1700 Menschen beschäftigt sein. 200 Konstrukteure in Emden und 300 in Hamburg bilden eine weitere Gesellschaft für den Überwassermarineschiffbau. Hier wollen die beiden Partner je 50 Prozent der Gesellschaftsanteile übernehmen.

Werden Aufträge akquiriert, sollen die neuen Schiffe auf den Anlagen des weißen Bereichs gebaut werden. Die derzeit größte deutsche Schiffbauholding, die ThyssenKrupp Marine Systems, zu der Blohm + Voss zählt, ist damit weitgehend aus dem zivilen Schiffbau ausgestiegen. "Wir waren bestrebt, Lösungen zu finden", sagte Berlien. Denn die Betriebe der Holding hatten zuvor in der Schiffbaukrise allein zehn Aufträge für Containerfrachter und sechs für Yachten bei HDW in Kiel verloren. Mit der Entscheidung für Blohm + Voss steht jetzt das Gesamtkonzept für die Holding - sofern nicht noch Einsprüche vom Kartellamt oder der Politik erfolgen, die sich gegen die Weitergabe des Militärschiffbaus an einen ausländischen Investor ausspricht.

Bei den Nordseewerken in Emden sei mit dem Einstieg des Windanlagenbauers Siag Schaaf die "Transformation von Industrie- und Industriearbeitsplätzen" gelungen. In Kiel reichen die Aufträge für U-Boote bis 2016/17 und in Hamburg soll der neue Partner nun rasch Aufträge für Megayachten und Militärschiffe bringen. ThyssenKrupp wird dabei eine führende Position bei allen Projekten der Deutschen Marine und bei den Nato-Partnern behalten. Abu Dhabi Mar übernimmt die Verantwortung für die Region Mittelost und Afrika.

Gerade in Staaten wie Algerien, Libyen, Marokko oder Tunesien bestehe ein Bedarf an U-Booten, um die eigenen Küsten zu schützen.

Neubauaufträge für den Export sichern die Beschäftigung aus zwei Gründen: Zum einen werden die ersten Schiffe von Serien zumeist auf deutschen Werften gebaut. Zum anderen müssen selbst bei Nachbauten in den Bestellerländern die Materialpakete an den deutschen Standorten zusammengestellt werden. "Abu Dhabi hat auch Interesse, im eigenen Land eine Schiffsreparatur aufzubauen", sagt Berlien.

Positiv waren gestern die Reaktionen aus Hamburg. "Die Partnerschaft mit der Mar Group stärkt die Weltmarktposition von Blohm + Voss im Marineschiffbau und sichert den Standort Hamburg angesichts der Herausforderungen, denen sich die deutsche Werftindustrie zurzeit gegenübersieht" sagte Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz. "Beschäftigung und Technologie werden am Standort erhalten", so Hans-Theodor Kutsch, der Vorsitzende des Industrieverbandes Hamburg.

Auch die SPD-Bürgerschaftsfraktion begrüßt jeden Schritt, der die Schiffbaubranche in Hamburg sichert und die Arbeitsplätze erhält. "Sollte es durch die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen zu einer Sicherung des Werftenstandortes Hamburg kommen, wäre dies auch für den Schifffahrtsstandort von großer Bedeutung", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ingo Egloff.