Mehr als 30.000 Bezieher in Schleswig-Holstein sind von Kündigungen des Energieversorgers betroffen. Verbraucherschützer raten zum Widerspruch.

Hamburg. Der Mann fühlt sich übers Ohr gehauen. Dieser Tage erreichte den Hausbesitzer aus Großhansdorf Post von seinem Stromversorger E.on Hanse mit dem Inhalt, dass das Unternehmen den bestehenden Liefervertrag für Thermostrom zum Jahreswechsel kündigt. "Gleichzeitig bot mir E.on Hanse einen neuen Vertrag an - mit Preisen, die bis zu 32 Prozent höher waren als bisher", sagt der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, dem Abendblatt.

Er ist nicht der Einzige, der mehr für seine Energieversorgung an E.on Hanse bezahlen soll. Mehrere Tausend der insgesamt über 30 000 Thermostrom-Kunden des Unternehmens haben die Nachricht von der Preiserhöhung bereits erhalten - oder werden sie noch bekommen.

Nutzen Sie jetzt unseren Energiepreis-Rechner und finden Sie den günstigsten Strom- oder Gaslieferanten für Ihr Zuhause.

Konkret geht es um Strom für die Nachtspeicherheizung oder zum Betrieb von Wärmepumpen, welche Erdwärme für die Heizung und die Warmwasserversorgung aus der Tiefe nach oben pumpen. Dieser Strom wird von allen deutschen Versorgern wesentlich preisgünstiger angeboten als der übliche Haushaltsstrom. So auch von E.on Hanse. Bisher zahlte der Großhansdorfer für den am Tag gelieferten Strom 13,47 Cent je Kilowattstunde und 10,73 Cent für Nachtstrom. "Jetzt soll ich 16,99 Cent und 14,26 Cent bezahlen", beschwert sich der Mann. "Das Schlimme ist, dass ich als Thermostromkunde nicht wechseln kann, sondern an meinen Versorger gebunden bin."

Für die Verbraucherzentrale Kiel ist dies kein Einzelfall. Seit Jahren schon kämpft sie gegen die Preispolitik des Versorgers. Schon Ende 2007 haben die Verbraucherschützer erreicht, dass das Oberlandesgericht Schleswig drei Klauseln des damals geltenden Thermostrom-Vertrags für unwirksam erklärte. Gekippt wurde unter anderem auch die Preisanpassungsklausel, mit der das Unternehmen Preiserhöhungen oder -senkungen begründen kann. Deshalb hat E.on Hanse die neuen Verträge ausgearbeitet und schickt sie den Kunden zu, kurz bevor die Laufzeit ihres bisherigen Vertrags endet.

"Betroffene Kunden sollten, bevor ihr alter Vertrag abgelaufen ist, Widerspruch gegen die neuen Preise einlegen und eine Überprüfung der Billigkeit, also der Angemessenheit der Preiserhöhung verlangen", sagte Thorsten Meinecke, Anwalt bei der Verbraucherzentrale in Kiel, dem Abendblatt.

E.on Hanse hingegen argumentiert, dass die Preise für Heizstrom erhöht werden mussten, weil sie zuvor fast vier Jahre lang stabil gewesen seien. "Dieses Produkt ist für uns defizitär, weil die Kosten für den Stromeinkauf extrem angezogen sind", sagte E.on-Hanse-Sprecherin Iris Franco dem Abendblatt. Dass es keinen Wettbewerb auf dem Markt gebe, wertet sie als Beleg ihrer Aussage. "Wenn der Markt für die Anbieter lukrativ wäre, gäbe es Konkurrenten." E.on Hanse ist als Grundversorger in der Region verpflichtet, den Kunden Thermostrom zu liefern.

In Hamburg besteht diese Verpflichtung für den Versorger Vattenfall. Doch der lässt seine Preise seit Anfang 2007 stabil - bei 11,31 Cent brutto für Nachtstrom und 11,31 bis 12,50 Cent pro Kilowattstunde für Tagesstrom.

Das Bundeskartellamt prüft derzeit den deutschen Markt für Thermostrom und die Preise. E.on Hanse sieht die Prüfung gelassen entgegen - obwohl die Kieler Verbraucherschützer bereits beim Bundeskartellamt die Einleitung eines Preismissbrauchsverfahrens gegen E.on Hanse beantragt haben.