Absatz von Supersportwagen ist eingebrochen. Dennoch fährt die italienische Luxusmarke Gewinne ein. Viele Kunden sind Männer, Film-, Sport- und Musikstars.

Frankfurt. Hamburger Abendblatt:

Wie oft fahren Sie Lamborghini?

Stephan Winkelmann:

Ich fahre Lamborghini, so oft es geht, wann immer ich allein fahre. Sonst nehme ich einen Audi.

Abendblatt:

Ist Ihnen der Menschenauflauf an dem Wagen manchmal lästig?

Winkelmann:

Lästig ist das Auffallen auf keinen Fall. Es ist ja auch ein Zeichen für die Aufmerksamkeit der Marke gegenüber.

Abendblatt:

Können Sie mit einem Lamborghini eher Frauen beeindrucken oder Männer?

Winkelmann:

Unsere Autos beeindrucken Menschen mit Gefühl für das Besondere in beiden Geschlechtern. Für Männer ist die Anziehungskraft des Autos jedenfalls sehr groß - die meisten Käufer sind ja Männer. Aber wir haben auch einige begeisterte Frauen unter unseren Kunden.

Abendblatt:

Wer gehört denn zu Ihren Kunden?

Winkelmann:

Dazu gehören natürlich Stars aus der Film-, Sport- und Musikszene, wie zum Beispiel Nicolas Cage. Der Großteil sind aber Unternehmer, die mehr als ein Auto in der Garage stehen haben. Oft sind es Liebhaber von Supersportwagen, die gerne einmal selber auf die Rennstrecke gehen, und Menschen mit einer Affinität zu Italien.

Abendblatt:

Wie viele Kunden haben Sie in Deutschland?

Winkelmann:

In normalen Jahren verkaufen wir gut 200 Lamborghini in Deutschland, 2009 werden es allerdings weniger sein. Insgesamt dürften 1500 Lamborghini auf deutschen Straßen fahren.

Abendblatt:

Ihr Design wirkt martialisch. Die Modelle tragen die Namen von Kampfstieren. Was schätzen Lamborghini-Liebhaber an Ihrer Marke?

Winkelmann:

Wir haben eine extreme und kompromisslose Marke, die Fahrzeuge sind breiter und tiefer als die der Konkurrenz und schärfer im Design. Der Motor und der Klang sind ganz eindeutig einem Lamborghini zuzuordnen. Außerdem hat die Marke eine Geschichte, die der Kunde bei uns am Firmensitz in Sant'Agata Bolognese erfahren kann, wenn er das Auto abholt.

Abendblatt:

Lamborghini wurde in den 60er-Jahren von Ferruccio Lamborghini als Gegenentwurf zu Ferrari gegründet und gehört seit 1998 zu Audi. Wie italienisch ist die Marke heute noch?

Winkelmann:

95 Prozent unserer 1000 Mitarbeiter sind Italiener, der Rest kommt aus den USA und anderen europäischen Ländern, unsere Firmensprache ist Italienisch. Italien hat wie England eine lange Tradition im Bau von Supersportwagen.

Abendblatt:

Die Investmentbanker-Szene hat einen Hang zu Luxus-Autos, derzeit aber weniger Geld. Ihr Absatz ist eingebrochen. Wie geht es weiter?

Winkelmann:

Kunden aus dem Finanzbereich sind nur eine Käufergruppe unter vielen. Was die Zahlen angeht, so haben wir im ersten Halbjahr 825 Wagen ausgeliefert, das ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 37 Prozent. Allerdings ist der gesamte Markt für Supersportwagen um 40 Prozent eingebrochen.

Abendblatt:

Wo geben die Kunden noch Geld aus für schnelle Autos?

Winkelmann:

Gut läuft es nach wie vor in China, dort stieg der Absatz im ersten Halbjahr um ein Drittel. Den stärksten Einbruch erlebten wir in unserem größten Markt USA. Die nachfolgend wichtigsten Märkte sind in dieser Reihenfolge Italien, Deutschland, England und der mittlere Osten.

Abendblatt:

Immer wieder wird VW für das Engagement bei seinen angeblich unprofitablen Luxusmarken wie Lamborghini, Bugatti oder Bentley kritisiert. Schreiben Sie trotz der Krise noch Gewinne?

Winkelmann:

Ja, wir haben in den ersten sechs Monaten einen Vorsteuergewinn von 5,4 Millionen Euro erzielt, nach 35 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2008. Wenn wir mehr als 1600 Autos im Jahr verkaufen, was wir auch für 2009 erwarten, arbeiten wir profitabel, das ist die Gewinnschwelle. In guten Zeiten haben wir aber sogar eine Rendite von zwölf Prozent erreicht. 2008 konnten wir mit 60 Millionen Euro zum Gewinn von VW beitragen. Ich bin jetzt seit 2005 dabei und mir war es von Anfang an wichtig, eine Marke zu führen, die Geld verdient.

Abendblatt:

Was wird sich mit der neuen Marke Porsche unter dem Dach von VW für Sie ändern?

Winkelmann:

Gar nichts. Ich sehe keine Überschneidungen unserer Segmente.

Abendblatt:

Könnten Sie bei VW auf die Verkaufsliste kommen, weil der Konzern mit einer Luxusmarke mit 650-PS-Kraftprotzen in der derzeitigen Öko-Debatte vielleicht nicht mehr das richtige Zeichen setzt?

Winkelmann:

Wir haben das klare Ziel, die CO2-Emissionen deutlich zu senken, und zwar bei den Autos um 35 Prozent bis 2015 und um 30 Prozent in unserer Produktion in Italien schon bis 2010. Außerdem: Lamborghini ist 46 Jahre alt und hat bisher insgesamt 20 000 Autos produziert. Nur ungefähr die Hälfte ist überhaupt im Einsatz und die meisten Fahrzeuge davon werden höchstens 5000 Kilometer im Jahr gefahren. Der Anteil unserer Emissionen am Gesamtausstoß geht also gegen null.

Abendblatt:

Geht die Jagd nach immer mehr PS trotz dieser Diskussion weiter - wird der Lamborghini, den Sie auf der nächsten IAA ausstellen, einen noch stärkeren Motor haben als bisher?

Winkelmann:

Dazu will ich mich noch nicht äußern (lacht). Wir schaffen es, einerseits überall akzeptierte Autos zu bauen, die andererseits immer die Exklusivität eines echten Lamborghinis haben. Natürlich gehören das Design, aber auch die Beschleunigung und die Höchstgeschwindigkeit zur DNA eines Supersportwagens. Wir konzentrieren uns zugleich aber stark auf Leichtbau. So reduzieren wir das Gewicht, ohne die Leistung zu schmälern. Dazu verwenden wir immer mehr Carbon.

Abendblatt:

Wird es je einen Lamborghini mit Elektro-Antrieb geben, der mit seinem leisen Surren allerdings die Akustik eines Sportwagens vermissen ließe?

Winkelmann:

In den nächsten zehn, 20 Jahren nicht. Aber Hybridlösungen sind im Bereich des Möglichen.

Abendblatt:

Der US-Autobauer Tesla setzt bereits auf einen reinen Elektroantrieb bei einem Sportwagen für 130 000 Euro, der in weniger als vier Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt. Werden Ihre Kunden umsteigen?

Winkelmann:

Nein. Das ist kein Supersportwagen, überhaupt kein Vergleich zu Lamborghini. Der Tesla ist nicht als solcher anerkannt, er hat nicht die entsprechende Geschichte, den Namen und Status. Da mache ich mir keine Sorgen.