Der Vertrag ist gekündigt, das milliardenschwere U-Boot-Geschäft zwischen der Kieler Werft HDW und Griechenland hängt weiter in der Luft.

Hamburg/Kiel. Einen Tag nach der Entscheidung der Werftenholding ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) ist ungewiss, was aus den vier bereits fertiggestellten U-Booten der Klasse 214 wird. "Wir gehen davon aus, dass sie bis zum Ende des von uns angestrebten Schiedsverfahrens bei den Werften liegen bleiben", sagte eine TKMS-Sprecherin dem Abendblatt.

Die bereits getaufte "Papanikolis" ist noch in Kiel, die anderen drei Boote haben bei der griechischen Hellenic Werft festgemacht, die ebenfalls zur TKMS gehört. Derzeit geht man bei der Holding davon aus, dass das Verfahren hauptsächlich in den Niederlanden, also an einem neutralen Ort, stattfinden wird. Wie lange es dauern wird, ist offen.

Der 2,2 Milliarden Euro schwere Auftrag geht bereits auf das Jahr 2000 zurück. Neben den vier U-Booten der Klasse 214 war darin auch die Modernisierung von drei älteren Booten der Klasse 209 vorgesehen. Doch die Südeuropäer verweigern bisher standhaft die Abnahme der Klasse 214 wegen angeblich technischer Mängel. Ihre Kritik haben sie daran festgemacht, dass die Boote bei der Fahrt über Wasser zu stark schaukeln.

Solche Einwände sind bei der TKMS von anderen Kunden bisher allerdings nicht eingegangen. Immerhin gehören derzeit zwei weitere Boote für die Deutsche Marine sowie zwei weitere fest bestellte aus Israel zum Auftragsbestand von HDW. "Im Januar dieses Jahres hat Korea, nachdem die ersten beiden Boote in Dienst gestellt waren, Materialpakete für sechs weitere bestellt, und die Türkei orderte im Juli in der gleichen Größenordnung", so die TKMS-Sprecherin. "Alle sind hochzufrieden. Das U-Boot ist ein Spitzenprodukt."

Sein Clou: Statt die Batterien für die Fahrt unter Wasser konventionell über den Dieselantrieb aufzuladen, nutzen die Boote das Prinzip der Elektrolyse. Ihre Wirkungsweise wird aber umgekehrt. Aus mitgeführtem Wasser- und Sauerstoff wird an Bord elektrochemisch Strom hergestellt. Als Abfallprodukt fällt wiederum Wasser an.

Die Elektrizität versorgt den Antrieb, die Hilfsmaschinen und die Bordgeräte. Das Wasser kann die Besatzung verbrauchen. Dazu ist es zum Trimmen des Bootes geeignet. Mit dem in Tanks mitgeführten Sauerstoff kann unter Wasser die Luft an Bord aufgefrischt werden.

"Das ist die beste Technik, die man weltweit kriegen kann", sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums über die von der Deutschen Marine eingesetzten vier Boote der Klasse 212, von der die Exportboote 214 abgeleitet wurden. Auch beim 1. U-Boot-Geschwader in Eckernförde, das die Boote seit 2005 einsetzt, ist das Urteil klar: "Die 212er-Boote haben ein gutes Seegangsverhalten und sich bisher bewährt. Wir sind hochzufrieden", sagt Korvettenkapitän Sven Janssen, der stellvertretende Kommandeur.

Sicherheitskreise gehen inzwischen davon aus, dass die Griechen den Ausstieg aus dem Großauftrag erreichen wollen. Weil das wegen der fälligen Konventionalstrafe teuer werden könnte, dürften sie dazu eine politische Lösung ohne Gesichtsverlust anstreben.

Rasch dürfte jedoch eine neue Verwertung für die fertigen Boote kaum gelingen. Schließlich müsste ein interessiertes Land erst Haushaltsmittel bereitstellen und die Besatzungen ausbilden lassen. Zudem hat nach Informationen des Abendblatts das griechische Verteidigungsministerium bisher nicht zu einer solchen Lösung beigetragen.

Dabei habe es, wie es in informierten Kreisen der Bundesregierung heißt, durchaus Versuche gegeben, die nun herrenlosen Boote innerhalb der Nato weiterzuverkaufen. Immerhin seien die Brennstoffzellen-Boote, bei denen die Entwickler von HDW einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz haben, weiter begehrt. Sicherlich müsste ein solches Geschäft politisch unterstützt sowie die Ausbildung der notwendigen Besatzungen gleich mit angeboten werden.

Einen Preisnachlass müsste die Werft in einem solchen Fall aber wohl hinnehmen. Ihre Außenstände von 524 Millionen Euro, von denen 300 Millionen Euro auf Hellenic entfallen, würden aber bei einem erfolgreichen Verkauf erheblich sinken.