Deutsche Hersteller wollen sich mit Hochtechnologie von Konkurrenz in Asien absetzen. Solarworld-Chef kritisiert Fördersystem.

Hamburg. Die Messe erscheint auf den ersten Blick wie jede andere Industrieschau auch. Hunderte Hersteller, Zulieferer und Dienstleister drängen sich seit gestern in den Hamburger Messehallen am Fernsehturm, belagert von Zehntausenden Besuchern auf der Suche nach den neuesten Trends. Doch es gibt zwei Unterschiede: Das Produktniveau ist fast durchgehend flach, und die Branche ist gerade einmal wenige Jahre alt.

Auf der weltweit größten Messe für die Fotovoltaik-Industrie dreht sich alles um die Produktion, die Vermarktung und die Installation der unscheinbaren, flachen Solarzellen und Solarmodule, mit deren Hilfe Sonnelicht in Strom umgewandelt wird.

Dieser Industriezweig hat den Sprung in die hoch automatisierte Massenfertigung gerade erst geschafft. Dennoch ist die Solarbranche bereits ein weltweit bedeutender Wirtschaftsfaktor. Allein der Umsatz der deutschen Fotovoltaik-Industrie mit ihren 75 Herstellern lag im vergangenen Jahr nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft bei zehn Milliarden Euro.

Auf der Messe ist zu besichtigen, wie rasant die Branche den Sprung von der Manufakturphase in die industrielle Massenfertigung geschafft hat. Nicht nur die Hersteller von Solarmodulen stellen hier aus, auch Maschinenbauer, die Solarfabriken ausrüsten, und etliche Zulieferunternehmen, etwa die Beiersdorf-Tochter Tesa, die ein Spezialklebeband für Solarpaneele im Programm hat.

Auffallend ist auch die hohe Zahl chinesischer Aussteller bei der Solarmesse. In älteren Industrien wie der Automobilwirtschaft benötigten Chinas Unternehmen Jahrzehnte, um den Sprung auf die Märkte in den USA oder Europa zu wagen - in der Fotovoltaik-Industrie keine fünf Jahre.

Die Branche in Deutschland ist alarmiert. Die heimische Industrie ist Weltmarktführer der zukunftsträchtigen Solarstrom-Industrie und will es möglichst lange bleiben. Um sich gegen die schnell wachsende und billigere Konkurrenz aus Fernost zu wappnen, müssen die deutschen Unternehmen ihren technologischen Vorsprung bewahren und ausbauen - das wollen sie tun, wie aus einer Umfrage des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) hervorgeht: "Die deutsche Solarbranche will in den Jahren 2010 bis 2013 insgesamt zehn Milliarden Euro für den Ausbau und die Modernisierung ihrer Fotovoltaik-Produktionen ausgeben", sagte BSW-Geschäftsführer Carsten Körnig gestern. "Bis dahin bleiben stabile politische Rahmenbedingungen zur Absicherung der geplanten Investitionen notwendig, ebenso wie attraktive Förderanreize für den Verbraucher."

Mit der Forderung nach "attraktiven Förderanreizen" reagierte Körnig auf Äußerungen des Solarworld-Chefs Frank Asbeck in der "Financial Times Deutschland", die gesetzlich geregelte Einspeisevergütung für Solaranlagen schneller als bislang geplant zu senken. Die Branche ist verärgert über den Vorstoß des Managers, der sich gern als Enfant terrible der Solarszene gibt und der zu Beginn des Jahres gar behauptete, Opel zu übernehmen und Ökoautos bauen zu wollen. Mit der Forderung nach schneller sinkenden Vergütungen für Solarstrom rührt Asbeck ein für die Solarhersteller heikles Thema an. Oft wird der Branche in Deutschland vorgehalten, subventioniert auf Kosten der Stromkunden zu wachsen.

Dieser Streit allerdings dürfte bald der Vergangenheit angehören. Niemand in der Branche zweifelt daran, dass die Herstellungskosten für Solarmodule weiter deutlich fallen und damit auch die Preise. Das wird die Einspeisevergütungen in einigen Jahren überflüssig machen.

"Um das Jahr 2015 herum" werde Strom aus Fotovoltaik-Anlagen mit Strom aus konventionellen Großkraftwerken konkurrenzfähig sein, je nachdem, wie sich die Preise für fossile Brennstoffe wie Kohle, aber auch die Abgaben für den Klimaschutz entwickeln, sagt Norbert Apfel, Deutschlandchef des Hamburger Solarunternehmens Conergy. Der deutsche und insbesondere der norddeutsche Markt biete noch viel Potenzial für den Verkauf von Fotovoltaik-Modulen: "In Süddeutschland ist die Solaranlage auf dem Dach längst selbstverständlich, in Hamburg und weiter nördlich noch nicht", sagt Apfel. "Doch wir sehen einen guten Trend: Der Norden taut auf."