Der Kölner Hersteller schneidet Modelle auf die ältere Generation zu. Kurzarbeit und Stellenabbau sind keine Themen. 80 Prozent der Fahrzeuge aus den deutschen Werken gehen ins Ausland.

Frankfurt. Hamburger Abendblatt: Die Autobranche ist in der schlimmsten Krise seit Jahrzehnten, liefert sich Rabattschlachten und muss wegen der Endlichkeit des Öls auch noch das Auto neu erfinden. Macht Ihnen der Job noch Spaß?

Bernhard Mattes: Ja, absolut. Die Autoindustrie ist nach wie vor ein hoch spannendes Thema, technologisch und emotional. Die Menschen wollen Mobilität und auch Spaß dabei haben. Und wir arbeiten an entsprechenden Lösungen für die Zukunft.

Abendblatt: Opel profitiert von Staatshilfen. Ist dies eine Wettbewerbsverzerrung?

Mattes: Wir schauen uns das an. Noch ist der Fall nicht klar zu beurteilen. Aber wenn einzelne Unternehmen Unterstützung bekommen, muss Chancengleichheit gewahrt bleiben. Refinanzierungsmöglichkeiten über den Staat müssen allen offen stehen.

Abendblatt: Setzen Sie auch auf mögliche Staatshilfen?

Mattes: Deutschland ist zwar ein wichtiger Markt. Aber die Fahrzeuge, die wir in unseren Werken in Köln und Saarlouis produzieren, werden zu 80 Prozent exportiert. Und die Umweltprämien im Ausland laufen zum Teil erst 2010 aus.

Abendblatt: Sollte die Abwrackprämie verlängert werden?

Mattes: Ja, es ist eine Überlegung wert, sie nicht so abrupt wie geplant auslaufen zu lassen, sondern allmählich. Darüber wird nach der Bundestagswahl noch zu sprechen sein.

Abendblatt: Wird der neue Opel-Partner Magna es bei Aufträgen von Ford bald schwer haben?

Mattes: Wir schauen uns die Situation zwar an, sehen aber derzeit noch keinen Anlass für Skepsis. Wir haben den Focus mit Elektroantrieb, den wir hier auf der IAA präsentieren, gemeinsam mit Magna entwickelt. Und das, obgleich das Unternehmen auch mit vielen anderen Herstellern alternative Antriebe voranbringt. Einen unerwünschten Know-how-Transfer hat es dadurch bisher noch nicht gegeben.

Abendblatt: Ford ist wie Opel Massenhersteller und Tochter eines US-Konzerns. Warum läuft es bei Ihnen besser?

Mattes: Wir haben frühzeitig die Strukturen und die Kosten auf die Nachfrage eingestellt. Unsere Produkte kommen so gut an, dass wir anders als viele Wettbewerber keine Kurzarbeit fahren. In Köln werden wir zum 1. Oktober sogar die Produktion des Fiesta von bisher 1870 Autos am Tag auf dann 1900 hochfahren.

Abendblatt: Die Opelaner haben kritisiert, dass ihre US-Mutter GM eher von deutschen Entwicklungen profitiert als umgekehrt...

Mattes: Bei Ford haben wir eine sehr gute weltweite Zusammenarbeit. Das betrifft vor allem die Entwicklung und den Einkauf, aber auch Vertrieb und Marketing. Der neue Ford Fiesta basiert auf einer weltweit einheitlichen Architektur. Die Entwicklung dafür kommt vornehmlich aus Deutschland. Bei anderen Komponenten liegt die technologische Führung in den USA.

Abendblatt: Welche Projekte beschäftigen die Forscher bei Ford aktuell am meisten?

Mattes: Einer der Schwerpunkte ist der Markt der Senioren. Schon heute verkaufen wir mehr als jeden zweiten Ford Fusion an Kunden über 60 Jahre. In den nächsten Jahren wird die Zahl der Älteren steigen, die immer mehr Wert auf individuelle Mobilität legen.

Abendblatt: Wie stellen Sie sich auf diese Zielgruppe ein?

Mattes: Wir bauen in die Fahrzeuge höhere Sitze ein, leichter zu bedienende Schalter und ermöglichen eine bessere Rundumsicht.

Abendblatt: Sie sind derzeit gemessen am Marktanteil der zweitgrößte Autobauer Europas - und wollen weiter wachsen. Ist das realistisch?

Mattes: Wir bei Ford sind relativ optimistisch, weil wir derzeit die jüngste Modellpalette in der Geschichte des Unternehmens auf dem Markt haben. Allein beim Ford Focus der neuen Generation haben wir eine Fahrzeugarchitektur, auf die zehn Modellvarianten aufbauen, wie etwa ein Kombi, ein Van oder eine Limousine. Die Produktion bleibt günstig - und das bei großer Vielfalt. Wir haben auch bereits in den vergangenen Monaten in 16 von 19 Ländern Europas den Marktanteil steigern können.

Abendblatt: Werden Autos im Zuge des harten Wettbewerbs billiger?

Mattes: Wir rechnen mit stabilen Preisen. Höhere Nachlässe dürfte es nicht geben.

Abendblatt: Sie beschäftigen in Köln und Saarlouis gut 23 000 Menschen. Wie lange produzieren Sie noch in Deutschland?

Mattes: Die Ford-Werke in Köln und Saarlouis sind die produktivsten Standorte der gesamten europäischen Autoindustrie. Wir haben großes Know-how und eine engagierte Belegschaft, die eine große Bereitschaft zu Flexibilität mitbringt. Daher bieten wir den Mitarbeitern eine Beschäftigungssicherung bis 2011. Immerhin hat Ford Europe im vergangenen Jahr auch mehr als eine Milliarde Dollar zum Gewinn des Konzerns beigetragen.

Abendblatt: Wann geht es mit der Autokonjunktur wieder bergauf?

Mattes: Die Branche wird sich erst ganz langsam erholen. Die Autobauer werden frühestens 2013/2014 die Absatzzahlen erreichen, die sie 2007 und 2008 hatten.

Abendblatt: Ford hat Jaguar und Land Rover an den indischen Tata-Konzern verkauft. Sind die Inder und Chinesen eine Bedrohung für Sie?

Mattes: Nein, allein durch unsere globale Präsenz und die Möglichkeit, für die Fahrzeuge weltweit die gleiche Architektur zu nutzen, sehe ich keine Gefahr. Beispiel Fiesta: Wir produzieren das Modell bereits in China und Thailand und werden ihn im nächsten Jahr in den USA einführen. Die großen Losgrößen bringen uns Kostenvorteile.

Abendblatt: Wann gelingt Elektroautos und emissionsfreien Fahrzeugen der Durchbruch auf dem Massenmarkt?

Mattes: Das wird in zwei Autogenerationen sein, also etwa in zwölf bis 15 Jahren. Wir führen den Ford Focus als Elektrofahrzeug in einem Großversuch in Großbritannien ein und bringen ihn 2011 in den USA auf den Markt. Dabei haben wir aber noch Probleme mit der Reichweite und der Versorgung mit Aufladestationen, also der Infrastruktur. Das sind große Herausforderungen, die bei dem Weg zum emissionsfreien Fahren noch vor uns liegen.