Hamburg. Abendblatt:

Wie ist die Lage bei der Reederei Deilmann, nachdem das Insolvenzverfahren für die Flusskreuzfahrerflotte eröffnet wurde?

Hedda Deilmann:

Trotz der schwierigen Lage herrscht Aufbruchstimmung. Unsere Mitarbeiter krempeln die Ärmel hoch und konzentrieren sich auf die Vermarktung der Hochseekreuzfahrten mit der "Deutschland".

Abendblatt:

Was wird aus den Flussschiffen und ihren Besatzungen?

Gisa Deilmann:

Die Schiffe werden verkauft. Die Besatzungen haben Saisonverträge, die Ende Oktober auslaufen. Wer sich an Bord bewiesen hat, hat aber Chancen, künftig auf der "Deutschland" zu fahren.

Abendblatt:

Fallen auch an Land Arbeitsplätze weg?

Hedda Deilmann:

Ja. Wir haben jetzt gut 100 Mitarbeiter am Firmensitz in Neustadt. Am Jahresende werden es deutlich weniger sein, wie viele Stellen wegfallen, steht derzeit noch nicht fest.

Abendblatt:

Der Markt für Flusskreuzfahrten entwickelt sich positiv, warum hat es die Reederei Deilmann so hart getroffen?

Gisa Deilmann:

Im Fünf-Sterne-Bereich, in dem unsere Schiffe mit Tagespreisen zwischen 150 bis 350 Euro (saison- und deckabhängig) unterwegs sind, hat sich die Krise unmittelbar ausgewirkt. Wir hatten von April bis Juni 50 Prozent weniger Buchungen als erwartet. Vor allem Gruppen aus den USA sind weggeblieben. Einsparungen an Bord sind im Luxusbereich kaum möglich. Deshalb ist für unsere relativ kleinen Schiffe eine hohe Auslastung von rund 80 Prozent nötig, um zurechtzukommen. Die war mit den wenigen Buchungen nicht mehr möglich.

Abendblatt:

Wie sollen jetzt die Hochseekreuzfahrten ausgebaut werden?

Hedda Deilmann:

Das Konzept "Deutschland" ist erfolgreich. Von jährlich im Schnitt 14 000 Passagieren an Bord seit dem Bau 1998 sind etwa 70 Prozent Stammkunden. Unser Schiff soll künftig zum Beispiel noch mehr kleinere Häfen etwa in England oder Irland anlaufen, in die große Kreuzfahrer nicht hineinpassen.

Abendblatt:

Wird sich die Vermarktung ändern?

Hedda Deilmann:

Wir haben eine Kampagne unter dem Titel "Deutschland zeigt Flagge" entwickelt. Zumal die "Deutschland" der einzige Hochseekreuzfahrer einer deutschen Reederei unter deutscher Flagge ist. Dazu gibt es auch neue Themenreisen. So läuft derzeit eine Reise mit Uwe Seeler, dem Torhüter Uli Stein und dem ehemaligen Schalke-Manager Rudi Assauer an Bord, die die Passagiere zu Orten historischer Fußball-Ereignisse begleiten. Wir rechnen auch für 2009 mit einem stabilen Umsatz um 50 Millionen Euro und 14 000 Passagieren.

Abendblatt:

Ist der Bau eines weiteren Schiffes noch möglich?

Gisa Deilmann:

Solche Pläne haben wir 2008 verfolgt und dabei schon mit Werften gesprochen. Die Pläne liegen in der Schublade bereit. Gebaut werden sollte in Deutschland. Jetzt müssen wir aber erst einmal warten, wie sich das Geschäft entwickelt.

Abendblatt:

Bleibt die "Deutschland" weiter das ZDF-Traumschiff?

Hedda Deilmann:

Wir haben den Vertrag gerade bis 2015 verlängert. Der Produzent der Fernsehreihe Wolfgang Rademann ist sehr zufrieden. Am 22. September wird das Filmteam in Hamburg wieder einsteigen und mit der "Deutschland" über den Atlantik nach New York, Neufundland und Montreal fahren. Eine solche Reise hat das Schiff lange nicht gemacht.