Das Industrieunternehmen plant den größten Umbau in seiner Geschichte. Die neue Organisation soll bereits von Oktober an gelten.

Hamburg/Düsseldorf. Der Stahlkonzern ThyssenKrupp steht vor dem größten Umbau seiner Geschichte. Das Unternehmen will für die kommenden Jahre ein mehrere Milliarden Euro schweres Sparprogramm auflegen. Dabei wird es aller Voraussicht nach auch zu weiteren Stellenstreichungen kommen, sagte Konzernchef Ekkehard Schulz gestern nach einer Aufsichtsratssitzung in Düsseldorf. Nähere Angaben zum Umfang der Kürzungen machte der Top-Manager allerdings nicht. Er schloss aber betriebsbedingte Kündigungen und die Schließung von ganzen Standorten aus.

Damit blieb am Freitag die Zukunft des Schiffbaus von ThyssenKrupp weiter ungewiss. Seit Mitte August ist bekannt, dass die von Hamburg aus geführte Werftenholding ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) auch Sondierungsgespräche über den Verkauf der drei Blohm + Voss-Betriebe in Hamburg geführt hat. "Wir gehen davon aus, dass wir nun bei den geplanten Sitzungen der Aufsichtsräte der Werften in Hamburg, Kiel und Emden am 17. September und bei der folgenden außerordentlichen Aufsichtsratssitzung von TKMS über neue Zielsetzungen informiert werden", sagte Herbert Oetting, der Betriebsratsvorsitzende von Blohm + Voss, am Freitag dem Abendblatt.

Derzeit sind in Hamburg zwei Megayachten im Bau. Die Werft hofft jedoch auf einen weiteren Auftrag, um damit die Zeit bis zum Baubeginn für die vier Fregatten für die Deutsche Marine zu überbrücken. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs hatte zudem vorgeschlagen, den Bau von fünf Korvetten von 2015 um fünf Jahre vorzuziehen, um die Werft damit zu stabilisieren.

Die Stimmung im Unternehmen sei "abwartend, aber besorgt. Ich hoffe nicht, dass erneut über einen Abbau von Stellen gesprochen werden muss", sagte Oetting. Derzeit sind bei den drei Betrieben von Blohm + Voss in Hamburg 1700 und bei HDW in Kiel 2300 Menschen beschäftigt. Bei den Nordseewerken in Emden soll die Zahl auf 1450 sinken. Der ThyssenKrupp-Konzern hat in diesem Geschäftsjahr, das Ende September endet, bereits 16 000 Stellen abgebaut. Allein in Deutschland wurden bis Ende Juli 5000 Arbeitsplätze gestrichen. Außerdem wurden Verträge für 5000 Zeit- und Leiharbeiter nicht verlängert.

Der Stahlkonzern, der weltweit Ende Juni noch knapp 190 000 Mitarbeiter beschäftigte, leidet massiv unter der Rezession. Deshalb wird damit gerechnet, dass das Geschäftsjahr Ende September mit einem Verlust vor Steuern und Sondereffekten in dreistelliger Millionenhöhe endet.

Bis Ende Juli 2009 waren im Konzern zudem weltweit rund 46 000 Mitarbeiter von Kurzarbeit betroffen, davon in Deutschland fast 30 000. Insgesamt sei es dem Konzern gelungen die Personalkosten durch Personalabbau und Kurzarbeit um mehr als 700 Millionen Euro zu reduzieren, sagte Schulz.

Der Aufsichtsrat gab am Freitag endgültig grünes Licht für die neue Konzernstruktur. "550 Millionen Euro der Einsparungen des laufenden Geschäftsjahres, die durch den Stellenabbau sowie über geringere IT-, Verwaltungs- und Einkaufskosten erreicht wurden, werden auch in den Folgejahren fortwirken", sagte ein ThyssenKrupp-Sprecher dem Abendblatt. Die neue Struktur soll weitere 500 Millionen Euro sparen. So werden sich die Einsparungen vom übernächsten Geschäftsjahr an künftig auf mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr erhöhen.

Der Konzern wird ab Oktober statt fünf Geschäftsbereiche nur noch zwei Divisionen haben. Das sind zu einem "Materials" mit dem gesamten Bereich des Stahls und zum zweiten "Technologies", zu dem die Aufzüge, der Anlagenbau und eben der Schiffbau gehören.

Eine Managementebene im Konzern wird komplett gestrichen. "Der Konzern wird operativ dezentraler und strategisch zentraler geführt", sagte der Vorstandschef.

An der Spitze von "Technologies" wird auch in Zukunft Olaf Berlien stehen, der zuvor schon die ThyssenKrupp Technologies AG geführt hatte.

Damit muss sich auch Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) nicht auf neue Gesprächspartner einstellen. Aus Sorge um die langfristige Sicherung von Blohm + Voss hat Gedaschko bereits Kontakt mit der Spitze des Stahlkonzerns in Düsseldorf aufgenommen.