Die Hertie-Häuser in Bramfeld und Langenhorn werden 2010 von Kaufland wieder eröffnet. Hoffnung auch für Barmbek.

Hamburg. Christa Haase hat Tränen in den Augen. "Erst wollte ich gar nicht reingehen, so etwas nimmt mich mit", sagt die Hamburgerin und schaut zum Eingang der Hertie-Filiale in Bramfeld. 90 Prozent Rabatt steht dort in roten Buchstaben. Das große Schild soll die Kunden locken. Ein letztes Mal. Am Sonnabend schließt Hertie endgültig bundesweit die letzten 20 Filialen. "Hier haben wir alles gekauft, zu Weihnachten, Geburtstagsgeschenke, und nach der Arbeit bin ich hier mit meinem Mann immer noch einen Kaffee trinken gegangen", sagt die 63-Jährige. Sie macht ein paar Fotos. Zur Erinnerung.

Hertie hatte im Mai, vier Jahre nach der Übernahme durch die britische Investorengruppe Dawnay Day mit 54 Warenhäusern auf Empfehlung des Insolvenzverwalters die Einstellung des Geschäfts beschlossen. Hertie geht auf den Gründer Hermann Tietz zurück, der Ende des 19. Jahrhunderts den Grundstein für eine Warenhausdynastie legte, die einst auch so renommierte Konsumtempel wie das Alsterhaus oder das KaDeWe in Berlin führte. Die Schuld für den Niedergang eines der prominentesten Namen des deutschen Handels geben Insider dem Investor Dawnay Day - die Briten sollen Hertie für ihre eigenen Immobiliengeschäfte geopfert haben.

Betroffen sind bundesweit 2600 Mitarbeiter, etwa 100 davon in Hamburg, wo die Kette noch zwei Filialen in Barmbek und Bramfeld betreibt. Der heutige Sonnabend ist auch der letzte Tag für das Geschäft in Barmbek. Ein drittes Hertie-Haus in Langenhorn wurde bereits im Februar geschlossen. "Schreiben Sie bitte auch, dass das Team der Hertie-Filiale sich bei allen seinen Kunden bedankt", sagt Malgorzata Trott-Szymaniak. Die gelernte Bürokauffrau hat zwölf Jahre bei Hertie in Bramfeld gearbeitet. Zusammen mit 51 Kollegen hat sie die Filiale bis zum letzten Tag am Leben erhalten. Bei der Gründung vor 40 Jahren waren noch 450 Mitarbeiter bei Hertie in Bramfeld beschäftigt. "Wir sind die letzten Mohikaner, wenn hier Schluss ist, sind wir arbeitslos", sagt die 48-Jährige. Die Verkaufsräume verbreiten eine gespenstische Atmosphäre. Leere Regale, und überall hängen die 90-Prozent-Rabattschilder. Es gibt praktisch nur noch Stricknadeln, Batterien, Kinderbikinis für 9,99 Euro und CDs für 6,99 Euro. Auch Tische und Teile der Ladendekoration stehen zum Verkauf. "Morgen muss hier im Grunde alles weg sein", sagte am Freitag Geschäftsleiter Andreas vom Heede. Was dann noch übrig bleibt, wird später von Restpostenmärkten verscherbelt. Die Filialen in Rheine und Remscheid hatten sogar schon Donnerstagabend den Verkauf einstellen müssen, da sie restlos leergekauft waren.

Allerdings bedeutet das Ende von Hertie in Hamburg auch die Chance für einen Neuanfang. Kaufland, ein Schwesterunternehmen des Discounters Lidl, übernimmt die Standorte Bramfeld und Langenhorn. "Wir beabsichtigen, in der nicht mehr zeitgemäßen Hertie-Hülle einen modernen Kaufland-Verbrauchermarkt zu errichten, dazu kommen kleine Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe", sagte Kaufland-Sprecherin Andrea Kübler. Wenn der Bau schnell genehmigt wird, dürften die Geschäfte noch 2010 eröffnen. Kaufland spricht bereits mit der Agentur für Arbeit und will anschließend direkt Kontakt zu den Hertie-Mitarbeitern suchen, um ihnen Stellen anzubieten. "Die ersten Gespräche zwischen Kaufland und Hertie-Mitarbeitern werden in den nächsten Wochen stattfinden", sagte Kübler.

Aber auch für Barmbek gibt es Hoffnung: Dort und bei acht weiteren Hertie-Häusern in Schleswig-Holstein und Niedersachsen will die Flensburger Hansekontor einsteigen. "Wir wollen in den nächsten drei Jahren 22 Millionen Euro investieren", sagte Hansekontor-Chef Mathias Hundertmark, der allerdings noch die Banken von seinem Konzept überzeugen muss. "Die Chancen stehen bei 85 Prozent", glaubt Hundertmark, der am liebsten schon das Weihnachtsgeschäft in den neu eröffneten Häusern mitnehmen würde. Sie sollen modernisiert werden und eventuell sogar unter altem Namen wieder eröffnen, sagt Hundertmark: "Wir verhandeln über den Namen Hertie."