Im Bogen führt die Helgoländer Allee von St. Pauli direkt auf die Hafenfront zu. Zwischen den Häuserzeilen erheben sich plötzlich Ozeandampfer, die wenige Meter an der anderen Elbseite im Dock von Blohm + Voss liegen.

Ein Werftbetrieb, der in der Hansestadt so selbstverständlich mit dem Stadtbild verwoben ist wie andernorts Kirchen oder Rathäuser. Wie auf einer Bühne präsentiert die Werft hier ihre Aufträge: komplizierte Schiffsreparaturen oder auch einfache Überholungsarbeiten an Rümpfen, "Haare schneiden und rasieren" nennen die Blohmer solche Routinejobs. Die oft geheimen Neubau-Projekte für Marine oder superreiche Yachteigner bauen sie in den verborgenen Anlagen im hinteren Teil des Geländes.

Der Lübecker Kaufmannssohn und Ingenieur Hermann Blohm und sein Ingenieurskollege Ernst Voss aus Rendsburg gründeten dort 1877 die Werft. Hamburg machte ihnen ein gutes Angebot für das Areal auf der Elbinsel Kuhwerder. Weil Hamburger Reeder zunächst lieber Aufträge an englischen Traditionswerften vergaben, bauten die jungen Firmengründer, 29 und 35 Jahre alt, ihre ersten Schiffe auf eigene Rechnung. Doch schnell wuchs die Werft zu einem Großbetrieb, bald beflügelt durch das Flottenbaugramm des Kaisers, der in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg oft und gern nach Hamburg zur Schiffstaufe reiste.

"Gebaut bei Blohm + Voss in Hamburg" - das galt und gilt noch heute für viele berühmte Schiffe: 1913 lief die "Vaterland" vom Stapel, das bis heute größte deutsche Passagierschiff. 1939 das legendäre Schlachtschiff "Bismarck", das bald darauf versenkt wurde. Auch die berühmten P-Liner, Viermastbarken wie "Passat" oder "Priwall", kamen von Blohm + Voss. Ebenso das heutige Segelschulschiff "Gorch Fock". Auch nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Blohm+Voss eben gut von Marineaufträgen: 2008 wurde die Korvette "Braunschweig" abgeliefert, eines der modernsten Marineschiffe der Welt. "German eyes only", heißt es an vielen Ecken an Bord. Für Furore sorgte 2009 der Stapellauf der "Eclipse", der weltgrößten Privatyacht.

Viele Höhen und Tiefen erlebte der Betrieb in seiner Geschichte: 1919 arbeiteten dort 14 000 Menschen. In der Weltwirtschaftskrise 1929 folgte ein schwerer Schlag, mehr als 8000 Arbeiter werden entlassen. Unrühmlich die Geschichte in der Nazizeit, als Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge schuften mussten und viele starben. In den 50er-Jahren kam es dann zum Wiederaufbau. 1955 entsteht die Blohm + Voss AG - daran beteiligt wird die Phoenix Rheinrohr, die im Besitz der Thyssen-Familie ist. Der Einfluss der Blohm-Familie, die nach dem Tod der Gründer das Sagen hat, schwindet. Erhalten bleibt aber das 1939 gebaute, riesige Dock 17 gegenüber den Landungsbrücken. Und damit ein Stück Seele des Hamburger Stadtbildes.