“Dumm gelaufen.“ Das dürften gestern viele Hamburger Autofahrer gedacht haben, als sie auf eine Tankstelle zusteuerten - über Nacht hat sich der Benzinpreis kräftig verteuert.

Hamburg. An einigen Zapfstationen wie etwa auf der Uhlenhorst betrug die Preiserhöhung sieben Cent. "Das ist eine ganz ordentliche Hausnummer", kritisierte ADAC-Sprecher Andreas Hölzel das Gebaren der Mineralölkonzerne. "In der vergangenen Woche lag der bundesdeutsche Durchschnittspreis bei 1,251 Euro pro Liter. Dieser Preis wäre gerechtfertigt", sagte Hölzel dem Abendblatt.

Der Hamburger Benzinpreis liegt nach der Erhöhung auf dem Niveau des Bundesdurchschnitts, wie gestern eine Stichprobe des ADAC in 20 Städten ergab. Neben Hamburg wurde in 14 weiteren Städten 1,299 Euro je Liter Super verlangt. Fünf Metropolen waren teurer, wobei Saarbrücken mit 1,312 Euro an der Spitze lag.

Den Vorwurf der Preistreiberei weisen die Mineralölkonzerne jedoch zurück. Dazu sei der Konkurrenzdruck viel zu hoch. "Der Wettbewerb auf dem Markt sorgt dafür, dass man nicht aus Freude in die Hände klatscht", sagte Esso-Sprecherin Gabriele Radke. Die unsichere politische Lage im Ölförderland Iran, gestiegene Preise am Rotterdamer Kraftstoffmarkt sowie die Tatsache, dass Spekulanten wieder in Ölkontrakte investieren, nennt sie als Gründe.

"Starke Kauflaune"

Benzin könnte im Verlauf dieser Woche nochmals teurer werden. Denn der Preis für Rohöl zieht derzeit an. Ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte WTI kostete gestern 64,14 Dollar und damit knapp 20 Cent mehr als am Montagabend. Auch die Nordseesorte Brent notierte gestern leicht im Plus bei 66,50 Dollar. "Die Kauflaune ist ziemlich stark", sagte Christopher Bellew vom Handelshaus Bache Commodities. Es sei denkbar, dass die großen Fondsgesellschaften wieder in Öl investierten.

Vor allem das starke Engagement von Hedge-Fonds hatte vor einem Jahr zu einer bislang beispiellosen Preisrallye beim Rohöl beigetragen - im vergangenen Juli gab es Rekordpreise von etwa 150 Dollar.

Von solchen Zahlen ist die Mineralölindustrie zwar noch weit entfernt, aber günstig zu tanken ist für Autofahrer inzwischen zum Glücksspiel geworden. Die Preise an der Zapfsäule verändern sich ständig, die jetzige Erhöhung war bereits die 75. in diesem Jahr. Zuvor hatten schon am vergangenen Donnerstag - pünktlich zum Ferienbeginn - die Preise in Hamburg kräftig angezogen. Weil sie in den darauffolgenden Tagen wieder bröckelten, wurde offensichtlich am Montag nachgelegt.

Ausspähen der Wettbewerber

Die Mineralölmultis überprüfen ihre Konditionen mehrmals täglich. In der Regel übernimmt diese Aufgabe der Tankstellenpächter. Er fährt die Umgebung ab und späht die Preise der Wettbewerber aus. Diese meldet er der entsprechenden Abteilung seines Konzerns, die das Benzin je nach Bedarf günstiger oder teurer macht.

Dieses Verfahren der Preisbildung führt dazu, dass in einer Metropolregion wie dem Großraum Hamburg der Benzinpreis eines Mineralölkonzerns ganz unterschiedlich hoch sein kann. Denn wenn der Wettbewerb in einem Gebiet besonders stark ist, werden die Preise wieder gesenkt, während sie an anderer Stelle gleich bleiben.

Österreichische Autofahrer konnten dieses Phänomen Anfang Juli bei Salzburg erleben. Die Aldi-Tochter Hofer stieg ins Tankstellengeschäft ein und verkaufte Benzin als Lockangebot zu 68 Cent pro Liter und damit zu einem Preis, mit dem in Deutschland noch nicht einmal die Mineralölsteuern gedeckt wären. Die Konkurrenz zog nach - und die Autofahrer freuten sich.