Auf die Hamburger Niederlassung der Privatbank Delbrück Bethmann Maffei rollt eine Klagewelle zu - Anwälte erheben schwere Vorwürfe wegen Falschberatung.

Hamburg. Auf die Hamburger Niederlassung der Privatbank Delbrück Bethmann Maffei rollt eine Klagewelle zu. Vermögende Hamburger Kunden fühlen sich falsch beraten und klagen jetzt vor dem Landgericht Hamburg gegen das Institut. Nach Informationen des Abendblatts sind in Hamburg sieben Klagen gegen Delbrück Bethmann Maffei anhängig. Insgesamt gibt es 25 Klagen in der Hansestadt gegen Banken im Zusammenhang mit der Finanzkrise, sagt ein Gerichtssprecher.

Die Privatbank sieht sich "mit einer der umfangreichsten Klagen konfrontiert, die derzeit vor deutschen Gerichten gegen eine Bank wegen Falschberatung eines Privatanlegers anhängig ist", sagt der Hamburger Rechtsanwalt Raol Sandner, der die Ehefrau eines Hamburger Unternehmensberaters vertritt. Sie klagt auf 400 000 Euro Schadenersatz. Ihr Ehemann, der seine Ansprüche an seine Gattin abgetreten hat, erwarb auf Empfehlung der Bank am Ballindamm elf Zertifikate im Anschaffungswert von 540 000 Euro.

Für viele Anleger haben sich Zertifikate als große Verlustquelle erwiesen, obwohl sie oftmals als sichere und defensive Anlage verkauft wurden. Ende 2007 hatten deutsche Anleger fast 140 Milliarden Euro in Zertifikate investiert. Diese komplexen Finanzprodukte, die im Kern Wetten auf die Kursentwicklung von Aktien, Rohstoffen oder Zinsen sind, suggerieren den Anlegern häufig feste Ausschüttungen über viele Jahre. Welches Verlustpotenzial in diesen Papieren steckt, hat erst die Finanzkrise offenbart. "Der 400 000 Euro-Fall ist richtungsweisend, weil das Landgericht die sich aus der unterschiedlichen Ausgestaltung der einzelnen Papiere als Bonus-, Express- oder Relax-Zertifikat jeweils ergebenden Beratungspflichten der Bank beurteilen muss", sagt Sandner.

"Häufung von Falschberatungen"

Auch die Bremer Anwältin Susanne Benöhr-Laqueur hat gegen die Privatbank Klage beim Landgericht Hamburg eingereicht. Es geht um einen 59-Jährigen Mandanten, dem noch am 21. August 2008 Lehman-Zertifikate für 93 000 Euro verkauft wurden. Rund drei Wochen später ist die US-Investmentbank Lehman Brothers zusammengebrochen. Dem Anleger droht jetzt ein Totalverlust.

"Die Bank hat den Anleger über das tatsächliche Rating getäuscht, das schlechter war als im Verkaufsflyer angegeben", sagt Benöhr-Laqueur. "Außerdem wurden ihm die katastrophalen Medienberichte über die US-Investmentbank verschwiegen." Hinzu komme, dass der Mann seine Rentenversicherung aufstocken wollte und statt dessen in Zertifikate hinein beraten wurde.

Die Kanzlei Hahn Rechtsanwälte Partnerschaft (Hrp) hat inzwischen zwei Klagen gegen Delbrück Bethmann Maffei eingereicht. "Drei weitere Klagen gegen das Institut im Zusammenhang mit Falschberatung beim Verkauf von Zertifikaten sind in Vorbereitung", sagt Peter Hahn, Leiter der Hrp-Niederlassung in Hamburg. "Bezogen auf unsere Mandanten und verglichen mit anderen Privatbanken stellen wir bei Delbrück eine Häufung von offensichtlichen Falschberatungen insbesondere bei Zertifikaten fest", sagt der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Spitze des Eisbergs

Delbrück Bethmann Maffei weist das gegenüber dem Abendblatt zurück. Wegen der Rechtsstreitigkeiten und dem Bankgeheimnis kann sich die Bank zu konkreten Fällen nicht äußern. "In der Anlageberatung bieten wir eine umfassende und objektive Beratung, die sich ausschließlich an den Wünschen und Anlagezielen sowie der Risikoneigung des Kunden orientiert", heißt es in einer Stellungnahme der Bank. Sie messe der Offenlegung der Risiken in jedem Einzelfall einen hohen Stellenwert bei.

Das Institut fühlt sich auf der sicheren Seite, da der "Beratungsprozess lückenlos dokumentiert" werde. Die Bank mit bundesweit 13 000 Kunden verwaltet ein Vermögen von elf Milliarden Euro und gehört zum niederländischen ABN AMRO Konzern. Delbrück Bethmann Maffei ist 2004 aus dem Zusammenschluss von drei Privatbanken hervorgegangen.

Die bisherigen Klagen dürfen nur die Spitze des Eisberges sein. Hamburger Anwälte arbeiten an weiteren Klageschriften. Anwalt Sandner hat gerade den Fall einer ehemaligen Unternehmerin und Delbrück-Kundin auf den Tisch bekommen. "Hier geht es um einen Verlust von vier Millionen Euro", sagt er. "90 Prozent des Depots waren in Zertifikaten angelegt." Im Juli 2008 wurden noch 900 000 Dollar in Lehman-Zertifikate investiert. Zwei Monate später war das Geld futsch.