Die deutschen Hersteller profitieren von der Abwrackprämie. Die Produktion dürfte aber 2009 um 17 Prozent zurückgehen.

Hamburg/Frankfurt. Dank der Abwrackprämie brummt das Inlandsgeschäft der deutschen Autoindustrie - doch der Einbruch auf den wesentlich wichtigeren Auslandsmärkten frisst die heimischen Erfolge auf. Wie der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) berichtet, wurden im ersten Halbjahr 2009 bundesweit rund 2,06 Millionen Autos neu zugelassen - das sind 26 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Aufs Jahr gesehen rechnet der Verband mit einem Exportminus von 20 Prozent. Dadurch dürfte die Produktion der deutschen Hersteller, deren Fahrzeuge besonders häufig auch in den USA und in China verkauft werden, um 17 Prozent zurückgehen.



VDA-Präsident Matthias Wissmann sagte gestern in Frankfurt, allein im Juni seien in Deutschland 427.000 Fahrzeuge neu zugelassen worden, das seien 40 Prozent mehr als im Vorjahr. "Dies ist der höchste Juni-Wert seit der Wiedervereinigung." Für 2009 hat der VDA die Absatzprognose nun von 3,1 auf gut 3,5 Millionen Pkw in Deutschland angehoben - das wäre der höchste Stand seit zehn Jahren.


Gestärkt worden sei die starke Inlandsnachfrage im ersten Halbjahr nicht nur von der Abwrackprämie, sondern auch von der Neuordnung der Kfz-Steuer. Besonders profitieren konnten Klein- und Kleinstwagen sowie Autos aus der Kompaktklasse, auf die laut VDA "98 Prozent des gesamten Marktzuwachses entfallen".


Auch der angeschlagene Autohersteller Opel hat im ersten Halbjahr 2009 Erfolge auf dem deutschen Markt erzielt. In den ersten sechs Monaten wurden mehr als 187.000 Opel-Fahrzeuge neu zugelassen; das sind knapp 30 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, teilte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit. Noch stärker als Opel profitierten in den ersten sechs Monaten Ford (plus 44 Prozent) und Marktführer VW (plus 31 Prozent). "Auch wir haben bei den Privatkunden ein Plus von mehr als 40 Prozent", freut sich Gert Evers vom Hamburger Ford-Händler Hugo Pfohe.


Doch die Entwicklung im Inland ist für die Branche kein Grund, in Euphorie zu verfallen: Von den weltweit produzierten elf Millionen Pkw aus den Werken deutscher Hersteller gehen gut vier Fünftel an Kunden außerhalb Deutschlands. Und die Ausfuhr der deutschen Hersteller fiel im Juni mit 289.000 Pkw insgesamt um 23 Prozent niedriger aus. In den ersten sechs Monaten betrug der Rückgang sogar 35 Prozent. Mit Blick auf diese schwierige Phase forderte Wissmann die Kreditwirtschaft auf, der Branche "Rückendeckung" zu geben, das gelte vor allem für die Zulieferer. Einige Banken würden ihre Verantwortung hier nicht vollends wahrnehmen, kritisierte er. Es sei für viele Unternehmen mühsam und langwierig, an Liquidität zu kommen.


Das Hamburger Autohaus Pfohe macht auch der für die Abwicklung der Abwrackprämie zuständigen Behörde Bafa Vorwürfe: "Die meisten unserer Kunden, die eine Abwrackprämie beantragt haben, warten vier bis fünf Monate auf das Geld", sagte Evers. Für Pfohe ist diese langwierige Abwicklung ein Problem, weil der Händler wie einige Wettbewerber den Kunden die Prämie vorfinanziert hat. "Bei 1000 Autos kommen da schnell 2,5 Millionen Euro zusammen", so Evers.


Auch eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass in der Automobilwirtschaft das Geld knapp wird. Im laufenden Jahr mache die Branche weltweit bei jedem verkauften Auto im Schnitt rund 1800 Euro Verlust, hat die Unternehmensberatung AlixPartners errechnet. Auch im kommenden Jahr werde die Branche noch einmal viel Geld verbrennen, allein die europäischen Firmen zusammen 40 Milliarden Euro. Auch durch nach wie vor hohe Rabatte. AlixPartners erwartet daher eine nur langsame Erholung des Automobilmarktes. Es werde selbst unter günstigen Bedingungen bis 2014 dauern, bis das Niveau von vor der Krise wieder erreicht werde.


Zudem dürfte das "Platzen der Abwrackblase" nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer den deutschen Automarkt besonders hart treffen. Der Direktor des Forschungsinstituts CAR-Center Automotive Research an der Uni Duisburg-Essen sagte gestern für 2010 einen Einbruch des Autoabsatzes in Deutschland um 22,9 Prozent voraus, während im Ausland die Verkäufe wieder zunehmen dürften.